Wahrscheinlich kamen die Meteoriten auf Umwegen zur Erde. Vesta liegt nicht besonders günstig, um Trümmerstücke auf direktem Wege zur Erde zu schicken. Vermutlich verschlug es einige größere Bruchstücke des Südpol-Einschlags in die Nähe von instabilen Zonen des Hauptgürtels, so eine Theorie von Michael Drake von der University of Arizona aus dem Jahr 2001. Kleinere Zusammenstöße könnten dort immer wieder Meteoriten absprengen und auf den Weg ins innere Sonnensystem befördern.
Chris Russell will diese Theorie nun testen. Die Raumsonde Dawn, die seit Mitte Dezember auf eine Umlaufbahn nur 200 Kilometer über der Oberfläche von Vesta herabgesunken ist, macht derzeit hochauflösende Aufnahmen. Planetenforscher können die Bilder nutzen, um das Alter des Kraters ?Rheasilvia? am Südpol zu bestimmen, denn ältere Oberflächen sind stärker von Kratern zerfurcht als jüngere. Das Becken am Südpol erscheint bislang erstaunlich glatt und somit jung ? was allerdings auch mit häufigen Rutschungen an den steilen Flanken des 20 Kilometer hohen Berges im Zentrum zusammenhängen kann. ?Mit radioaktiver Datierung können wir feststellen, wann die HED-Meteoriten von Vesta befreit wurden?, sagt Chris Russell. ?Wenn das Alter des Berges und das Alter der Meteoriten zusammenpassen, wäre das ein überzeugender Beweis für einen Zusammenhang.?
Weitere Belege dafür könnte ein genauer Vergleich der Mineralogie der Meteoriten mit der des Berges liefern. Die ersten Ergebnisse der Dawn-Mission haben schon gezeigt, dass Vesta erstaunlich farbig ist. Spektrale Aufnahmen enthüllen, dass ungewöhnlich viele verschiedene Mineralien auf der Oberfläche des Asteroiden vorhanden sind. Im jetzigen tiefen Orbit können die Instrumente der Sonde noch genauere Messungen durchführen.