Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Frühreifer Haufen

Astronomie|Physik

Frühreifer Haufen
Ein internationales Astronomenteam hat eine sehr ungewöhnliche Ansammlung von Galaxien entdeckt: Der Haufen ist mit einem Alter von drei Milliarden Jahren für kosmische Verhältnisse zwar noch recht jung, scheint jedoch bereits erstaunlich weit entwickelt zu sein. So konnten Teleskope im Weltraum und auf der Erde keinerlei Anzeichen heftiger Sternbildung messen, wie sie für junge Galaxienhaufen typisch ist, zeichneten dafür aber intensive Röntgenstrahlung von heißem Gas zwischen den Galaxien auf.

Galaxienhaufen sind die größten Strukturen im Universum, die von der Schwerkraft zusammengehalten werden. Sie bestehen aus Dutzenden einzelner Galaxien und sind überall im Weltraum zu finden. Sie formten sich direkt aus dem Urgas – Wasserstoff und Helium -, das mit dem Urknall vor 13,7 Milliarden Jahren entstand. Zunächst bildeten sich dabei Riesensterne in besonders dichten Urgas-Wolken, dann die Galaxien und schließlich die Galaxienhaufen.

Den jetzt entdeckten Haufen CL J1449+0856, wie er nach seinen Himmelskoordinaten heißt, erspähten die Astronomen erstmals mit dem Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer als Ansammlung schwacher, rötlicher Objekte. Anschließend nahmen die Forscher den Bereich mit dem Hubble-Weltraumteleskop, den Subaru- und Keck-Teleskopen auf Hawaii sowie dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile genauer ins Visier. Dabei konnten sie auch die sogenannte Rotverschiebung bestimmen, aus der sich Entfernung und Alter des Galaxienhaufens abschätzen lassen. Das Ergebnis: Das Licht, das jetzt von den Teleskopen aufgefangen wurde, ist viele Milliarden Jahre durchs All gereist und stammt aus einer Zeit, als das Universum ein Alter von nur drei Milliarden Jahren hatte. Daher sehen die Astronomen den Galaxienhaufen heute so, wie er zu dieser Zeit war – er kann also selbst nicht älter als drei Milliarden Jahre sein.

Zwar kennen Astronomen fernere und jüngere Galaxienhaufen, aber CL J1449+0856 überraschte die Forscher mit einigen Besonderheiten: Er zeigt keine Anzeichen heftiger Sternbildungen, sondern besitzt rötliche Elliptische Galaxien mit mindestens einer Milliarde Jahre alten Sternen. Das ist sehr ungewöhnlich, denn alle anderen bekannten Galaxienhaufen dieser Distanz stecken noch in einer Phase mit hoher Sternentstehungsrate. CL J1449+0856 hat dagegen sein feuriges Jugendstadium anscheinend bereits hinter sich, schlussfolgern die Wissenschaftler.

Auch Röntgenaufnahmen, die das ESA-Weltraumteleskop XMM-Newton im Bereich zwischen den einzelnen Galaxien und vor allem in der zentralen Region gemacht hat, sprechen dafür, dass der Haufen mit einer Gesamtmasse von 50 bis 80 Milliarden Sonnen schon gleichsam erwachsen ist. Die energiereiche Röntgenstrahlung stammt von mehreren Millionen Grad Celsius heißen intergalaktischen Gaswolken. Auch das ist typisch für weit entwickelte Haufen. „Unsere Entdeckung zeigt, dass ausgewachsene Galaxienhaufen bereits existierten, als das Universum weniger als ein Viertel seines heutigen Alters besaß“, sagt Raphael Gobat. „Dem kosmologischen Standardmodell zufolge sind solche Galaxienhaufen sehr selten. Wir hatten also viel Glück, einen zu finden. Wenn künftige Beobachtungen aber viele weitere entdecken sollten, müssten wir unser Verständnis von der Frühzeit des Universums revidieren.“

Anzeige
Raphael Gobat (Universität Paris Diderot), Richard Hook (Europäischen Südsternwarte, Garching bei München) et al: Astronomy & Astrophysics, Bd. 526, S. A133 dapd/wissenschaft.de – ===Rüdiger Vaas
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Dossiers
Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

exo|krin  〈Adj.; Med.〉 nach außen absondernd (Drüsen); Sy ekkrin … mehr

Ar|beits|so|zio|lo|gie  〈f. 19; unz.〉 Teilgebiet der Soziologie, das sich mit der Arbeit, bes. in der industriellen Produktion, befasst

Pi|on  〈n.; –s, –o|nen; Phys.〉 Elementarteilchen aus der Gruppe der Mesonen [verkürzt<Pi … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige