Deutsche Forscher haben eine neue Erklärung gefunden, warum im Erdmantel im Vergleich zu ähnlichen Himmelskörpern so wenig Blei enthalten ist. Das fehlende Blei im Mantel sei möglicherweise beim Aufprall eines großen Himmelskörpers verdampft, lautet die Hypothese der Wissenschaftler. Damit widersprechen die Forscher um Markus Lagos von der Universität Bonn der gängigen Lehrmeinung, Blei sei von dem Erdmantel in den Erdkern abgesunken. Über ihre Arbeit berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Nature.
Der Anteil von Blei im Mantel der Erde nahm bereits 50 bis 130 Millionen Jahre nach ihrer Entstehung stark ab. Das ergaben Berechnungen, die auf dem
Zerfall radioaktiver Elemente basieren. Das Blei könnte im Laufe der Zeit in den metallischen Erdkern abgesunken sein, nahmen Geowissenschaftler bisher an.
Lagos und seine Kollegen vermuten nun jedoch, dass der Schwund des Bleis mit der Entstehung unseres Mondes zusammenhängt. Der Mond ist aller Wahrscheinlichkeit nach durch den Einschlag eines großen Himmelskörpers entstanden. Durch die große Hitze des Einschlags verdampfte das Blei, lautet das Erklärungsmodell der Forscher. Die Entstehung des Mondes passt zeitlich genau mit dem Verschwinden des Bleis aus dem Erdmantel zusammen, ergab ihre Analyse.
Die Wissenschaftler stellten die Bedingungen, die zu jener Zeit der Erdentstehung vorherrschten, im Labor nach. Dabei konnten sie nachweisen, dass Blei unter diesen Bedingungen im Erdmantel verblieben und nicht in den Kern abgesunken wäre. Da jedoch im Mantel nur geringe Bleikonzentrationen gemessen werden, muss das Schwermetall entwichen sein, folgern die Forscher. Wohin das Blei nach seinem Verdampfen gelangt ist, sei allerdings noch unbekannt.
M. Lagos (Steinmann-Institut Universität Bonn) et al.: Nature, Band 456, Seite 89 ddp/wissenschaft.de ? Stefan Pröll