Italienische Forscher haben herausgefunden, dass die Zeitpunkte der Umpolung des Erdmagnetfelds nicht wie bisher angenommen zufällig über den Lauf der Erdgeschichte verteilt sind: Vielmehr ist wohl eine Art von Gedächtnisvorgang am Werk, der die zeitliche Dynamik des Magnetfelds bestimmt. Dies führte dazu, dass die mehr als einhundert Umpolungen innerhalb der letzten 160 Millionen Jahre in Schüben stattfanden.
Die von Vincenzo Carbone von der Universität von Calabrien angeführte Gruppe von Physikern konnte in ihrer Studie die Zeitpunkte der Umpolungen des Erdmagnetfelds in der jüngeren Erdgeschichte mit einer so genannten Levy-Verteilung statistisch beschreiben. Das besondere an dieser Wahrscheinlichtkeitsverteilung ist, dass die von ihr beschriebenen Vorgänge nicht voneinander unabhängig sind ? im Gegensatz zu der bekannteren Poisson-Verteilung, die die Häufigkeit voneinander unabhängiger Vorgänge beschreibt und der berühmten Gauß?schen Glockenkurve gleicht.
Das Magnetfeld der Erde scheint demnach eine Art von Gedächtnis zu besitzen, so dass frühere Umpolungen den Zeitpunkt des nächsten Wechsels der Pole beeinflussen. Allerdings wissen die Physiker noch nicht, wodurch die Umpolungen ausgelöst werden. Carbone ist allerdings der Ansicht, dass seine statistische Beschreibung einen ersten Schritt zur Lösung dieses Rätsels darstellt.
Paleomagnetischen Untersuchungen von Gestein zufolge haben der magnetische Nord- und Südpol wohl vor etwa 780.000 Jahren zum letzten Mal ihre Plätze gewechselt. Derartige Umpolungen haben nach Ansicht von Wissenschaftlern einen großen Einfluss auf das weltweite Klima. Sie könnten sogar Massensterben auslösen, da die Atmosphäre während dieses Vorgangs ihr magnetisches Schutzschild verliert und somit ionisierenden Strahlen aus dem All verstärkt ausgesetzt ist.
Physical Review Letters, Online-Vorabveröffentlichung Stefan Maier