Tief in der Erde könnte es bislang ungenutzte Vorkommen von Erdgas und anderen brennbaren Kohlenwasserstoffverbindungen geben. Diesen Schluss legen die Ergebnisse amerikanischer Forscher nahe, die im Labor Bedingungen simuliert haben, wie sie im so genannten äußeren Erdmantel in einer Tiefe von mehr als 100 Kilometern herrschen. Den Wissenschaftlern gelang es dabei, Methan, den Hauptbestandteil von Erdgas, aus rein anorganischen Substanzen wie Mineralien und Wasser zu erzeugen. Henry Scott von der Universität von Indiana in South Bend und seine Kollegen beschreiben ihre Experimente in der Fachzeitschrift PNAS (Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1073/pnas.0405930101).
Die Erdöl- und Erdgasvorkommen in der Erdkruste befinden sich in einer Tiefe von mehreren Kilometern. Der größte Teil darin enthaltener Kohlenwasserstoffverbindungen hat sich im Lauf der Zeit aus fossilen Tier- und Pflanzenresten durch die Einwirkung von Bakterien, Enzymen, Hitze, Druck und der Katalysatorwirkung einiger Mineralien gebildet. Ob es in tieferen Erdschichten weitere Kohlenwasserstoffvorkommen gibt, die ohne Beteiligung biologischer Materie entstanden sind, wird zwar bereits seit längerer Zeit diskutiert, ist aber eher umstritten.
Die Ergebnisse von Scott und seinen Kollegen liefern jetzt jedoch Hinweise darauf, dass es solche Vorkommen im äußeren Erdmantel tatsächlich geben könnte. Die Wissenschaftler hatten Eisenoxid, das kohlenstoffhaltige Mineral Kalkspat und Wasser in eine Diamant-Druckkammer gegeben und diese Mischung unter extrem hohen Drücken auf bis zu 1500 Grad Celsius erhitzt ? Bedingungen, wie sie auch im äußeren Erdmantel herrschen. Als die Forscher anschließend die entstandenen Produkte analysierten, fanden sie große Mengen des Kohlenwasserstoffs Methan, der auch den Hauptanteil von Erdgas ausmacht.
Das Methan hatte sich durch Reduktion des Kohlenstoffs im Kalkspat gebildet, eine Reaktion, die unter geringeren Drücken oder Temperaturen nicht ablaufen würde. Die extremen Konditionen verändern jedoch die chemischen und physikalischen Eigenschaften vieler Stoffe, so dass auch solche Reaktionen möglich werden, schreiben die Wissenschaftler. Es sei also durchaus möglich, dass sich im Inneren der Erde Kohlenwasserstoffe in größeren Mengen befinden.
ddp/bdw ? Ilka Lehnen-Beyel