Während sich Erdplatten aneinander verhaken und sich tektonische Spannungen aufbauen, die sich erst durch das folgende Erdbeben schlagartig wieder lösen, treten an der Oberfläche gleichzeitig elektrische Ladungen auf. Zwar ist ihr Zustandekommen bisher nicht völlig geklärt, doch stören sie das umgebende geo-elektrische Feld. Dieser so genannte baroelektrische Effekt gilt als verlässlichster beobachtbarer Indikator für kommende Erdbeben.
Allerdings ist es nur theoretisch einfach, diese Feldstörungen mit Messstationen auf der Erde zu überwachen. Praktisch stehen viele technische und finanzielle Hindernisse im Weg – die die russischen Forscher mit dem Weg in den Weltraum umgehen wollen.
Das Team um den Mathematiker V.S. Rostowski von der Moskauer Lomonossow-Universität stellte einen Zusammenhang zwischen dem baroelektrischen Effekt und dem Phänomen der Lichtpolarisation an Planeten, der bereits im 19. Jahrhundert entdeckt wurde, her. Sie untersuchten und berechneten die Intensitäten des geo-elektrischen Feldes in Erdbebengebieten und die Auswirkungen auf die Lichtpolarisation. Mit ihren speziell entwickelten Messgeräten lassen sich solche plötzlichen Feldstörungen nun leicht überwachen und Erdbeben rund um den Erdball sehr gezielt vorhersagen, so Rostowski: „Die Ausrüstung ist recht klein und billig. Deshalb kann man sie auf Wettersatelliten anbringen.“
Dörte Saße