„Merkwürdigerweise scheint der erste Sauerstoffanstieg mit der ersten Vereisung der Erde verknüpft zu sein“, erklärt Lee Kump von der Pennsylvania State University. „Nach der Vereisung vor 2.400 Millionen Jahren war die Sauerstoffmenge in der Erdatmosphäre wohl vergleichbar mit dem heutigen Sauerstoffgehalt. Vor dieser Vereisung gab es jedoch so gut wie keinen Sauerstoff in der Atmosphäre, jedenfalls viel zu wenig, um sauerstoffatmende Lebewesen hervorzubringen.“
Zusammen mit seinem Kollegen James Kasting und dem Australier Mark Barley geht Kump davon aus, dass ein veränderter Vulkanismus die Sauerstoffanreicherung verursachte. „Bis vor 2.400 Millionen Jahren spuckten Vulkane Wasserstoff, Kohlenmonoxid und Methan in die Atmosphäre, weil ihre Magmaquelle im oberen Mantel äußerst sauerstoffarm war“, sagt Kump. Der von Cyanobakterien produzierte Sauerstoff reagierte sofort mit diesen Gasen. Das Ergebnis war ein ausgeprägter Treibhauseffekt, der die Erde warm hielt.
Der erste Schritt zu diesem Umschwung war bereits lange vorher auf dem Meeresboden getan worden. An den mittelozeanischen Rücken bildete sich eisenhaltiger Basalt. Beim Kontakt mit Wasser rostete das Eisen. Der Rost ? Eisenoxid ? lagerte sich auf dem Meeresboden ab. Im Laufe der Jahrmillionen sorgte die Plattentektonik dafür, dass die oxidhaltigen Schichten nach unten abtauchten – bis an die Grenze zwischen Erdkern und Erdmantel.
„Je mehr eisenoxidreiche Schichten abtauchten, desto größer wurde die Wahrscheinlichkeit, dass sauerstoffreiches Magma aufsteigen würde“, sagt Kump. „Warum dies dann aber gleichzeitig auf drei oder vier Kontinenten geschah, wissen wir nicht.“ Statt Methan und Wasserstoff spuckten diese Vulkane Kohlendioxid und Wasser aus. Der von den Bakterien erzeugte Sauerstoff verblieb jetzt in der Atmosphäre. Die Verringerung der Methan- und Kohlenmonoxidkonzentration stoppte zunächst den Treibhauseffekt und die Erde vereiste für kurze Zeit. Der steigende Kohlendioxidgehalt kehrte den Effekt aber bald wieder um.