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Tscheljabinsk-Meteorit: Es war nicht seine erste Kollision

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Tscheljabinsk-Meteorit: Es war nicht seine erste Kollision
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Ein Fragment des Tscheljabinsk-Meteoriten (Sharygin et al. / IGM)
Der Tscheljabinsk-Meteorit, der am 15 Februar dieses Jahres über Russland niederging, sorgte weltweit für Schlagzeilen. Jetzt haben Geologen einige seiner Trümmerstücke genauer untersucht – und dabei Überraschendes festgestellt: Die Kollision mit der Erde war offenbar nicht das einzige fatale Rendezvous dieses kosmischen Gesteinsbrockens. Verräterische Schmelzspuren im Gestein zeigen, dass der Meteorit bereits zuvor mit einem anderen Himmelskörper im Sonnensystem kollidiert sein muss oder aber knapp an der Sonne vorbeiflog, dass er fast zerschmolzen wäre.

Am 15. Februar 2013 gegen 04:30 Uhr unserer Zeit weckte ein lauter Knall die Menschen in der russischen Tscheljabinsk-Region, ein gleißendes Licht erhellte die Morgendämmerung – ein Meteorit war in der Luft explodiert. Der 17 Meter große Gesteinsbrocken war mit 65.000 Kilometern pro Stunde in die Erdatmosphäre eingedrungen. Immerhin rund 30 Sekunden lang hielt der kosmische Bolide die Höllenhitze aus, die durch die Luftreibung entstand, dann explodierte er 20 bis 25 Kilometer über der Erdoberfläche. Die Druckwelle ließ Fensterscheiben zerspringen und tausende Trümmerstücke gingen über dem bewohnten Gebiet nieder. Geologen gehen allerdings davon aus, dass der Hauptteil des Meteoriten im Tschebarkul-See nahe Tscheljabinsk versunken ist.

Ein Forscherteam des Instituts für Geologie und Mineralogie (IGM) im russischen Novosibirsk haben einige Trümmerstücke des Meteoriten geborgen und im Labor näher analysiert. Auf der Goldschmidt Konferenz in Florenz, einem internationalen Treffen von Geochemikern und Geologen, stellen sie nun ihre Ergebnisse vor. Der Meteorit gehörte demnach zur Gruppe der sogenannten LL5 Chondriten – Gesteinsbrocken, die relativ viel Eisenoxid und Olivin, ein eisenhaltiges Mineral enthalten. Typisch für diesen Chondritentyp sind außerdem relativ große Einschlüsse von rund einem Millimeter Größe. Häufig tragen diese Gesteinsbrocken aus der Frühzeit des Sonnensystems zudem Schmelzspuren, die darauf hindeuten, dass sie irgendwann in ihrem langen Leben schon einmal stark aufgeheizt wurden.

Schmelzspuren in dunklen Fragmenten

Und genau diese Spuren haben die Geologen nun auch an den Fragmenten des Tscheljabinsk-Meteoriten entdeckt. Wie sie berichten, lässt sich dies vor allem an den dunkleren Bruchstücken erkennen. Sie wurden vor allem nahe an der Einschlagsstelle des Meteoriten gefunden. Die Struktur und Mineralzusammensetzung dieser sehr feinkörnigen Partikel zeige Hinweise auf einen sehr intensiven Schmelzprozess. „Das bedeutet fast sicher, dass es eine Kollision gab zwischen dem Tscheljabinsk-Meteoriten und einem anderen Objekt im Sonnensystem oder dass er nur knapp an der Sonne vorbeischrammte“, erklärt Victor Sharygin vom IGM. Welche Variante von beiden zutreffe, lasse sich allerdings anhand der bisherigen Proben nicht sagen.

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Wie die Forscher erklären, sind die Schmelzspuren in den dunklen Fragmenten deutlich verschieden von denen der sogenannten Fusionskruste – der dünnen Materialschicht auf der Außenhaut des Meteoriten, die entstand, während er durch die Erdatmosphäre raste. Aufgeheizt durch die Luftreibung begann diese Schicht zu glühen, schmolz auf und erstarrte dann wieder, als die Trümmerbrocken den Erdboden erreichten.

In dieser Fusionskruste fanden die Wissenschaftler aber ebenfalls etwas Ungewöhnliches: kleine Anteile einer Legierung aus Platin, Iridium und Osmium. „Solche Platingruppen-Elemente treten normalerweise als Spurenelemente verteilt in den Mineralen eines Meteoriten auf“, sagt Sharygin. „Aber wir haben sie in einem Metallsulfid-Bläschen in der Fusionskruste gefunden.“ Offensichtlich habe der Schmelzprozess diese Metalle aus dem Gestein herausgelöst und gesammelt. Das aber sei ungewöhnlich, denn eigentlich geschehe die Bildung der Fusionskruste in so kurzer Zeit, dass das für eine solche Anreicherung der Platinmetalle nicht ausreiche. „Wir hoffen, mehr herauszufinden, wenn der Hauptteil des Meteoriten aus dem Tscherbarkul-See geborgen wird“, erklärt Sharygin. Dann habe man mehr Material zur Verfügung und könne die nun noch offenen Fragen möglicherweise beantworten.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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