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Das Geheimnis des dritten Donuts

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Das Geheimnis des dritten Donuts
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Van-Allen-Gürtel der Erde - hier mit nur zwei Ringen (NASA/GSFC)
Im September 2012 tauchte im Van-Allen-Gürtel, der die Erde umgibt, ein mysteriöser neuer Strahlungsring auf. Vier Wochen lang war er zu beobachten, dann verschwand er. Nun sind Wissenschaftler seiner Entstehung auf die Spur gekommen: Der Ring bestand aus hochenergetischen Elektronen, die sich nahezu mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Diese ultrarelativistischen Teilchen existieren auch in den beiden dauerhaften Strahlungsringen des Gürtels. Auf Störungen aus dem All reagieren sie jedoch ganz anders als ihre weniger energiegeladenen Ringgenossen.

Der Van-Allen-Gürtel ist die erste Entdeckung des Weltraumzeitalters. Bereits 1958 erspürten ihn Instrumente an Bord von Explorer 1, dem ersten Satelliten, den die USA ins All je ins All geschickt hatten. Der Gürtel besteht aus zwei donutförmigen Ringen energiereicher Teilchen, die unseren Planeten umgeben. Das Magnetfeld der Erde hält die geladenen Partikel fest und lässt sie im Bogen zwischen den Polen hin- und herschwingen. Der innere Ring beginnt in etwa 1.000 Kilometer Höhe und enthält sowohl Elektronen als auch Protonen. Der zweite Ring endet rund 50.000 Kilometer über der Erdoberfläche. Er besteht aus energiereichen Elektronen und ist deutlich weniger stabil als der innere Ring.

Doch selbst 55 Jahre nach seiner Entdeckung gibt der Van-Allen-Gürtel den Forschern immer wieder neue Rätsel auf. So herrschte früher die Meinung, die Teilchen des Van-Allen-Gürtels würden aus dem Sonnenwind und der kosmischen Strahlung stammen und  vom Erdmagnetfeld eingefangen werden. Einmal in Schwung, würden sie sich dann zu der ringförmigen Struktur anordnen. Doch im Juli dieses Jahres verkündeten Wissenschaftler, dass der Gürtel selbst als riesiger Teilchenbeschleuniger fungiert: Elektrische Felder innerhalb der Ringe reißen Elektronen aus umherwandernden Atomen und verpassen ihnen so kräftige Schübe, dass sie schließlich nahezu Lichtgeschwindigkeit erreichen.

Doch es gab noch mehr Geheimnisse zu ergründen. Im September 2012 etwa trat zwischen den zwei bekannten Ringen des Van-Allen-Gürtels ein weiterer, sehr schmaler Ring auf, der nach vier Wochen wieder spurlos verschwand. Forscher aus den USA, Russland, Kanada und Korea beschreiben nun in der Fachzeitschrift „Nature Physics”, was es mit dem mysteriösen Gebilde auf sich hatte – und was die Astronomen daraus über die Eigenschaften der Elektronen im Gürtel lernen können.

Rebellische Energiebündel

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Der dritte Donut, so schreiben die Forscher, bestand aus ultrarelativistischen Elektronen. „Ihre Geschwindigkeit entspricht beinahe der Lichtgeschwindigkeit und die Energie ihrer Bewegung ist um ein Vielfaches größer als die Energie, die im Ruhezustand in ihrer Masse enthalten ist”, erklärt Erstautor Yuri Shprits vom Skolkovo Institute of Technology. Solche energiegeladenen Teilchen kommen sowohl im inneren als auch im äußeren Ring des Van-Allen-Gürtels vor. Dort sind sie umgeben von trägeren – relativistischen – Teilchen.

Am ersten September 2012 jedoch schleuderten spezielle, von Ionen verursachte Plasmawellen im Van-Allen-Gürtel nahezu alle ultrarelativistischen Elektronen aus dem äußeren Ring heraus. Die Überlebenden dieses Sturmes sammelten sich zu einem dritten Ring. Sie befanden sich nun in der Plasmasphäre der Erde, die ein wenig Schutz vor den Ionenwellen bietet. Weniger energiereiche Elektronen werden hier von elektromagnetischen Wellen niedriger Frequenz schnell zerstreut. Doch den ultrarelativistischen Teilchen können sie offenbar wenig anhaben. Insbesondere nahe dem Äquator, wo das Magnetfeld der Erde schwächer ist, passen ihre Schwingungen einfach nicht zusammen. „Deshalb konnte der ungewöhnliche Speicherring vier Wochen lang bestehen, bevor er vom nächsten starken Sturm ausradiert wurde”, schreiben die Forscher.

Bisher war man davon ausgegangen, dass alle Elektronen im Van-Allen-Gürtel gleich auf Weltraumstürme reagieren. „Doch nun stellen wir fest, dass die Strahlungsringe aus verschiedenen Populationen von Elektronen bestehen, die durch sehr unterschiedliche physikalische Prozesse gesteuert werden”, sagt Shprits. „Sie verhalten sich gemäß ihrer Energien und reagieren unterschiedlich auf Störungen im All.” Solche Erkenntnisse über das Wesen der Strahlung im Weltraum sind vor allem für die Betreiber von Satelliten interessant, die den kosmischen Donut passieren müssen. Sie fürchten den Strahlungsring, denn besonders die ultrarelativistischen Elektronen sind aggressive Biester. Sie können die Abschirmung der Satelliten problemlos durchdringen und im schlimmsten Falle einen kompletten Ausfall verursachen.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nora Schlüter
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