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In Sandstein gemeißelt

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

In Sandstein gemeißelt
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Sandsteinbogen im Devil's Garden des Arches Nationalparks (Michael Atman)
Sie muten an, als hätte ein Bildhauer sie mühsam aus einem Steinblock gemeißelt. Doch ihr wahrer Schöpfer ist die Natur: Sandsteingebilde, die aussehen wie imposante Bögen, Säulen oder gar riesige Pilze, sind die Publikumsmagnete vieler Nationalparks. Unwillkürlich rätselt wohl jeder Betrachter darüber, wie diese Skulpturen entstanden sind. Die Antwort hat nun ein internationales Forscherteam geliefert: Ein Feedback-Mechanismus zwischen Erosion und einwirkender Belastung durch die Schwerkraft formt die Kunstwerke aus Sandstein.

Die größte Ansammlung natürlicher Steinbögen umfasst der Arches-Nationalpark im US-Bundesstaat Utah. Erosion und Witterung sorgen hier dafür, dass sich die skurrilen Gebilde ständig verändern, irgendwann vergehen und neu entstehen. Experten machen für diesen Prozess unter anderem Frost, Salz, Feuchtigkeit und Wärme verantwortlich, die auf das Material einwirken, es teilweise abtragen und den Stein auf diese Weise formen. Einige Steinbögen, wie das Wahrzeichen des Parks, der Delicate Arch, sind jedoch erstaunlich stabil. Sie stehen scheinbar unverwüstlich auf freier Fläche und trotzen den zerstörerischen Kräften, die auf sie einwirken. Welche Mechanismen die Oberseite solcher Bögen und anderer Landschaftsformen aus Sandstein stabilisieren, das konnten Wissenschaftler bislang nicht abschließend ergründen. Doch jetzt hat ein Forscherteam um Jiri Bruthans von der Karls-Universität in Prag eine Erklärung entwickelt. Das Modell der Geowissenschaftler beschreibt, unter welchen Umständen sich körniges Sediment, wie es in Sandstein vorkommt, wie festes, kompaktes Gestein verhält – und beständig gegenüber weiterem Zerfall wird.

Die Last ist entscheidend

Wie auf alle anderen Körper auf der Erde wirkt auch auf ein Steingebilde eine durch die Gravitation verursachte Kraft. Das Eigengewicht des Steins wirkt senkrecht auf ihn ein – eine Last, die jeder einzelne Bestandteil der Steinformation tragen muss. Eine solche Kraft nennen Experten Vertikallast. Weil Sandsteingebilde in der Regel jedoch nicht gleichmäßig aufgebaut sind, ist nicht jedes Sandkorn der gleichen Belastung ausgesetzt. Manche Körner tragen mehr Last, manche weniger. Mit ihren Experimenten im Labor konnten Bruthans und seine Kollegen zeigen: Wird ein Würfel aus zusammengepresstem Sand Erosionsprozessen durch Wind oder Wasser ausgesetzt, lösen sich nach und nach einzelne Sandkörner aus dem Gebilde heraus – und zwar jene, auf die nicht so viel Last wirkt und die deshalb weniger fest zusammengedrückt werden.

Durch diesen Vorgang verringert sich die Querschnittsfläche unter der vertikal wirkenden Last, so dass die Belastung für die verbleibenden Körner höher wird. Bei einer auf diese Weise entstandenen pilzförmigen Skulptur lastet zum Beispiel das Gewicht des Pilzhuts nur noch auf einer schmalen Säule. Die Sandkörner in dieser Säule werden dadurch extrem stark zusammengepresst. „Ist ein bestimmter Grenzwert erreicht, werden die Körner so fest zusammengedrückt, dass sich das körnige Sediment wie ein fester Stein verhält”, erklärt das Team um Bruthans. Die verbleibende lasttragende Säule sei deshalb resistent gegenüber weiterer Erosion. Stellen, an denen die Vertikallast eine gewisse Schwelle überschreitet,  sind demnach geschützt und stabil. Dort, wo keine so hohe Belastung wirkt, fällt das Gestein hingegen schnell der Erosion zum Opfer.

Mit ihrem Modell können die Forscher die Entstehung der natürlich vorkommenden Sandsteinpilze ebenso erklären wie die von Bögen-, Alkoven- und Säulenstrukturen. „Unregelmäßigkeiten wie verschiedene Schichten oder Brüche im Gestein beeinflussen, wie die Vertikallast wirkt”, schreibt das Team. Diese Faktoren bestimmen, auf welche Sandkörner die meiste Last drückt. Sie sind die formgebenden Bildhauer der Natur, die die beindruckenden Figuren aus Sandstein erschaffen.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Daniela Albat
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