Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Urerde: Eisen als Atmosphären-Bremser

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Urerde: Eisen als Atmosphären-Bremser
15-01-06-cyano.jpg
Warum reicherte sich die Uratmosphäre der Erde so spät mit Sauerstoff an? (thinkstock)
Eisen gilt eigentlich als förderlich für das Wachstum von Phytoplankton – es ist ein wichtiger Pflanzennährstoff. Doch in der Frühzeit unserer Erde spielte das Eisen vermutlich eine eher hinderliche Rolle. Das Metall könnte sogar schuld daran gewesen sein, dass es so lange dauerte, bis sich die Atmosphäre unseres Planeten mit Sauerstoff anreicherte. Denn wie Laborexperimente nun zeigen, reagieren Cyanobakterien, die Hauptlieferanten des Sauerstoffs auf der frühen Erde, sensibel auf zu hohe Eisenwerte im Wasser. Doch vor rund 2,6 Milliarden Jahren wurden mehrfach ganze Schübe von Eisen durch Vulkanausbrüche an den mittelozeanischen Rücken freigesetzt.

Vor drei Milliarden Jahren hätten wir auf der Erde keine Überlebenschance gehabt. Denn die Erdatmosphäre enthielt damals weniger als ein Promille Sauerstoff – für luftatmende Tiere viel zu wenig. Das änderte sich erst mit dem sogenannten Great Oxydation Event (GOE) vor rund 2,4 Milliarden Jahren. Dabei stieg der Sauerstoffgehalt der Uratmosphäre relativ schnell bis auf rund 20 Prozent an und bereitet damit die Bühne für die Entwicklung der ersten Tiere. Bekannt ist auch, dass dafür urzeitliche Cyanobakterien die entscheidende Rolle spielten. Sie erzeugten durch ihre Photosynthese Energie und setzten dabei Sauerstoff als Abfallprodukt frei. Doch das Szenario wirft eine entscheidende Frage auf: Diese Cyanobakterien gab es vermutlich sogar schon vor rund 3,5 Milliarden Jahren – warum aber dauerte es mehrere hundert Millionen Jahre, bis sich ihre Photosynthese-Tätigkeit auch auf die Atmosphäre auswirkte? Die massenhafte Sauerstofffreisetzung durch die Cyanobakterien hätte eigentlich sehr viel schneller ablaufen müssen.

War das Eisen schuld?

Was die Anreicherung der Atmosphäre mit Sauerstoff verhindert haben könnte, haben Elizabeth Swanner von der Universität Tübingen und ihre Kollegen nun näher untersucht. Ihre Vermutung: Das Eisen war schuld. Heute ist dieses Metall im Meerwasser oft Mangelware, doch in den Ozeanen der frühen Erde war es reichlich vorhanden. Vor allem in der Zeit unmittelbar vor der großen Sauerstoffschwemme setzten Unterwasservulkane entlang der mittelozeanischen Rücken immer wieder schubweise große Mengen davon frei. Zu erkennen ist dies unter anderem an den zu dieser Zeit abgelagerten Schichten von Bändererz.  “In diesen Perioden fanden wir regelmäßig keine Hinweise auf Sauerstofffreisetzung mehr”, sagt Swanner. Gemeinsam mit ihren Kollegen überprüfte sie im Labor, ob zwischen hohen Eisenkonzentrationen und geringem Wachstum der Cyanobakterien ein Zusammenhang bestehen könnte.

Und tatsächlich: “Zu viel Eisen in Anwesenheit von Sauerstoff wirkte schädlich”, berichtet Koautor Andreas Kappler von der Universität Tübingen. Gaben die Forscher zweiwertiges, lösliches Eisen in Konzentrationen von 50 bis 200 Mikromol zum Wasser hinzu, hemmte dies das Wachstum und die Fotosynthese der Cyanobakterien. Ähnliches deuten auch Untersuchungen anderer Forscher an verschiedenen heißen und kalten Quellen hin: Überall dort, wo das zweiwertige Eisen im Wasser höhere Konzentrationen erreicht, fehlen Cyanobakterien im Wasser. Zwar ist nicht eindeutig klar, ob die urzeitlichen Cyanobakterien ähnlich sensibel auf das zweiwertige Eisen reagierten. Nach Ansicht der Forscher liegt dies jedoch nahe, da sie weniger Zeit als ihre heutigen Nachfolger hatten, um durch Evolution entsprechende Abwehrmechanismen gegen die Giftwirkung des Eisens zu entwickeln.

Sollte sich dieses Szenario bestätigen, dann könnte dies endlich erklären, warum das Great Oxidation Event mit so großer Verspätung eintrat – erst hunderte von Millionen Jahren nachdem die Cyanobakterien entstanden waren und begannen, Sauerstoff freizusetzen. Die Schübe vulkanischer Aktivität und ihre Eisenfreisetzung bremsten demnach immer wieder die Produktion größerer Mengen Sauerstoffs. Erst als sich die Meereskruste beruhigte, konnten die Cyanobakterien ungebremst loslegen und der Erde die Atmosphäre verleihen, die Tieren und damit letztlich auch uns Menschen die Existenz ermöglichte.

Anzeige

Mehr zum Thema:

Die Meere kamen aus dem All

Warme Urerde: Rätsel gelöst

Der schlimmste Tag der Erde

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Eich|hörn|chen  〈n. 14; Zool.〉 Sy Eichhorn 1 in zahlreichen Arten mit Ausnahme Australiens über die ganze Erde verbreitetes Nagetier mit langem, buschigem, zum Springen dienendem Schwanz: Sciurinae … mehr

Che|mie|un|ter|neh|men  〈[çe–] n. 14〉 = Chemiekonzern

Bä|ren|trau|be  〈f. 19; Bot.〉 der Preiselbeere ähnl. Heidekrautgewächs: Arcostaphylos

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige