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Anthropozän: Wann begann das Erdzeitalter des Menschen?

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Anthropozän: Wann begann das Erdzeitalter des Menschen?
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Eine Satellitenaufnahme der Erde gibt anhand der sichtbar gemachten Lichtverschmutzung einen Eindruck der Größenordnung menschlichen Einflusses auf die Umwelt. Credit: NASA
Die Welt ist im Wandel – der Mensch verändert die Erde so stark, dass Geologen vom Menschen-Erdzeitalter sprechen, dem Anthropozän. Doch wann begann es? Bisher galt die Industrialisierung als Knackpunkt, nun schlagen Forscher einen anderen Beginn vor – das Jahr 1610. Die Argumentation: Zu dieser Zeit war es zu einem nachhaltigen Artenaustausch zwischen der Alten und Neuen Welt gekommen. Außerdem hatte der Mensch für eine markante Änderung der atmosphärischen Kohlendioxidkonzentration gesorgt – allerdings in umgekehrter Weise als heute.

Nach der Definition der Geologie markieren zwei Hauptkriterien den Beginn eines Erdzeitalters: Die Bedingungen auf der Erde müssen sich nach einem Wendepunkt langfristig geändert haben und dies muss in geologischen Materialien Spuren hinterlassen haben – in Gestein, Sedimenten oder Eis. Ein solcher Marker wird unter Geologen als „golden spike“ bezeichnet. Der Meteoriteneinschlag, der die Dinosaurier auslöschte, ist ein prominentes Beispiel. Er gilt als Paukenschlag zum Ende des Kreidezeitalters. Die Forscher um Simon Lewis von der University of Leeds sind nun der Frage nachgegangen, wann es zu den ersten einschlägigen Effekten des Menschen kam, die zu diesen beiden Kriterien passen.

Das Jahr 1610 trägt den „golden spike“

Sie kamen zu der Schlussfolgerung: Das Jahr 1610 eignet sich als markantes Datum für den Beginn des Anthropozäns. Eisbohrkerne belegen für dieses Jahr einen besonders auffälligen Rückgang der Kohlendioxidkonzentration in der Erdatmosphäre. Die Ursache war den Forschern zufolge ein verspäteter Effekt der Entdeckung Amerikas. Die Kolonisierung der Neuen Welt führte innerhalb weniger Jahrzehnte zum Tod von etwa 50 Millionen Ureinwohnern. Dafür waren vor allem eingeschleppte Krankheiten wie die Pocken verantwortlich. Durch den drastischen Bevölkerungseinbruch fielen die einst ausgedehnten Anbauflächen brach, die sich dann der Urwald zurückeroberte. Dieser Vegetationsschub fing enorme Mengen Kohlendioxid aus der Atmosphäre ein. Im Jahr 1610 erreicht dieser Effekt einen markanten Höhepunkt, der geologisch nachweisbar ist. Er erfüllt somit das Kriterium für einen „golden spike“, sagen die Forscher.

Globaler Artenaustausch verändert die Erde nachhaltig

Auch Kriterium Nummer zwei erfüllte sich in dieser Zeit, argumentieren die Forscher: Es war zu langfristigen Veränderungen auf der Erde gekommen. Durch den Verkehr über die Ozeane hinweg hatte ein nachhaltiger Austausch zwischen Lebewesen der Alten und Neuen Welt stattgefunden. Dies führte zu einer globalen Neuordnung des Lebens auf der Erde. Dieser plötzliche und fortlaufende  Artenaustausch sei ohne Beispiel in der Geschichte der Erde, sagen die Forscher. Ein Beispiel ist ihnen zufolge der früheste Nachweis von Pollen des aus Amerika stammenden Mais in europäischen Sedimenten des frühen 17. Jahrhunderts.

Ihre zeitliche Einordnung des Beginns des Anthropozän deckt sich auch mit historischen Betrachtungen, sagen die Forscher. „Unter Historikern markiert die Verbindung der Alten und Neuen Welt bereits traditionell den Beginn der modernen Zeit. Dieser Prozess gilt wiederum als Vorstufe der industriellen Revolution, die weitere Wellen der globalen Umweltveränderungen entfesselte“, sagt Lewis. Geologisch betrachtet ist 1610 auch aus einem weiteren Grund eine markante Grenze, meint der Forscher: Es war der letzte deutliche Rücksetzer bei der Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre. „Es war der letzte kühle Moment der Erde vor dem Beginn der langfristigen globalen Erwärmung, die das Anthropozän nun prägt“, so Lewis.

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Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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