Zwischen diesen beiden Bebentypen gibt es einen entscheidenden Unterschied, konnten die Forscher nun mit Hilfe von Simulationen nachweisen: Die Ränder der Platten gleiten mit einer vergleichsweise hohen Geschwindigkeit von mehreren Zentimetern pro Jahr aneinander vorbei. Dadurch bauen sich auch die Spannungen, die nach einem großen Erdbeben noch vorhanden sind, relativ schnell ab. So konnten nach Beben in Kalifornien nur etwa zehn Jahre später noch Nachbeben nachgewiesen werden. Im Zentrum einer Platte ist die Bewegung einer Verwerfung dagegen um bis zu einem Faktor 100 langsamer. Entsprechend länger dauert es daher, bis sich die Spannungen abgebaut haben. Es kann noch mehrere Hundert Jahre später zu Nachbeben kommen, so die Schlussfolgerung der Forscher.
„Einige von uns haben das Ergebnis erwartet, denn viele der Erdbeben, die wir heute im mittleren Westen der USA sehen, haben eine Struktur, die aussieht wie die von Nachbeben“, erläutert Mitautor Mian Liu. „Sie finden genau an den Verwerfungen statt, von denen wir glauben, dass sie die großen Beben von 1811 und 1812 verursacht haben.“ Bei Erschütterungen im Saint Lawrence Valley im südlichen Kanada vermuten die Forscher sogar ein Erdbeben aus dem Jahr 1663 als Ursache. „Bis jetzt haben wir versucht herauszufinden, wo neue Beben stattfinden, indem wir kleine Beben beobachteten“, sagt Liu. Es müsse ein Umdenken stattfinden, denn offenbar sei es nicht immer möglich, solche Vorläufer zu finden.