Nicht Kohlendioxid ist das Treibhausgas Nummer eins in unserer Atmosphäre, sondern Wasserdampf. Zu diesem Ergebnis, das der bisher weit verbreiteten Meinung widerspricht, kamen Wissenschaftler im Rahmen einer Studie des Weltklimaforschungsprogramms (WCRP) unter der Leitung des Forschungszentrums Jülich und der Hampton-Universität in den USA. Um mehr als 75 Prozent sei die Konzentration dieser Substanz in den oberen Luftschichten in den letzten 45 Jahren angestiegen.
Um ein gutes halbes Grad hat sich die Erde im letzten Jahrhundert unter dem Einfluss des Menschen erwärmt. Neben dem Treibhausgas Kohlendioxid liefert auch Wasserdampf einen Beitrag zu dieser Erwärmung. Einen Temperaturanstieg um 1,4 bis 5,8 Grad prognostizieren die Wissenschaftler der
Klimakonferenz (IPCC) in ihrem jüngsten Bericht für die nächsten 100 Jahre. Die Unsicherheit dieser Prognose beruht größtenteils darauf, dass die Konzentration des Wasserdampfs in den oberen Luftschichten nicht genau bekannt ist. Auch die Rolle der Wolken im Klimageschehen ist nicht vollständig bekannt.
Gesichert sei bisher nur, dass die Konzentration des Wasserdampfs in den letzten 45 Jahren weltweit in der Stratosphäre stark zugenommen habe. Die Folgen sind deutliche Klimaauswirkungen. Die Zunahme des Wasserdampfs von 1980 bis heute hat den durch die Kohlendioxiderhöhung bedingten Temperaturanstieg nochmals um etwa die Hälfte erhöht. Das errechneten Wissenschaftler der englischen Universität Reading anhand eines Modells. Je mehr sich die Erde erwärmt, desto mehr Wasser verdampft und erhöht in den oberen Luftschichten wiederum den Treibhauseffekt – eine positive und fatale Rückkopplung.
Zu einem Teil ist für die Zunahme des Wasserdampfs Methan verantwortlich. Dieses Spurengas, welches zum Beispiel aus Reisfeldern oder bei Fäulnisprozessen freigesetzt wird, reagiert in der Stratosphäre zu Wasserdampf und Kohlendioxid. Damit lässt sich jedoch nur die Hälfte des beobachteten Wasserdampfanstiegs erklären. Die vollständigen Gründe für die Zunahme des stratosphärischen Wasserdampfs im letzten halben Jahrhundert sind bisher nicht bekannt.
Jan Oliver Löfken