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Alpen: Ist der Schnee noch zu retten?

Erde|Umwelt

Alpen: Ist der Schnee noch zu retten?
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Im Dezember 2015 musste der Skiort Davos auf Kunstschnee zurückgreifen (Foto: SLF)
In diesem Jahr haben Wintersportler Glück: Kälte und reichlich Schnee im Januar haben in vielen Skigebieten der Alpen für gute Bedingungen gesorgt. Aber wie lange wird dies angesichts des sich ändernden Klimas noch möglich sein? Wie stark der Schneeschwund in den Alpen ausfallen könnte und ob der Klimaschutz dagegen noch helfen kann, haben nun Schweizer Forscher untersucht. Ihr Fazit: Der Rückgang des Schnees ist nicht mehr aufzuhalten. Wie stark er aber ausfallen wird, haben letztlich wir in der Hand.

Neben den Polargebieten gehören die Hochgebirge zu den Orten auf der Erde, an denen sich der Klimawandel am stärksten bemerkbar macht. Bereits vor einigen Jahren sagten Wissenschaftler voraus, dass von den fünf Alpengletschern Bayerns in knapp 30 Jahren nur noch einer übrig bleiben wird – nur der nördliche Höllentalferner auf der Zugspitze wird dann trotz Erwärmung und Schneemangel noch existieren, so ihre Prognose. Eine internationale Studie kam zu dem Schluss, dass die Alpen von allen Hochgebirgen und Eiskappen der Erde besonders vom Gletscherverlust betroffen sein werden. Bis zum Jahr 2100 drohen Eisverluste bis zu 75 Prozent. Doch für die Wintersportorte und den Skitourismus in den Alpen ist eine andere Frage deutlich drängender: Sie müssen wissen, wie sich die winterliche Schneedecke in Zukunft entwickeln wird. „Erfahrungen zeigen, dass eine Schneedicke von mindestens 30 Zentimetern in den 100 Tagen zwischen 1. Dezember und 15. April das Minimum ist, um einen Skiort wirtschaftlich zu betrieben“, erklären Christoph Marty und seine Kollegen von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Davos.

Skisaison wird kürzer

Ob diese Voraussetzungen in den kommenden Jahrzehnten noch erfüllt werden und wo, haben sie in einer umfangreichen Modellstudie untersucht. Dafür speisten sie ein Modell alpiner Schnee- und Oberflächenprozesse mit meteorologischen Daten und kombinierten dies mit einer auf verschiedenen Klimaszenarien beruhenden Simulation der künftigen Entwicklung. Für zwei unterschiedliche Gebiete in den Schweizer Alpen – die Aare-Region in der Zentralschweiz und die Grisons-Region in der Ostschweiz – simulierten sie damit die künftige Schneebedeckung in unterschiedlichen Höhenlagen. Sie betrachteten dabei die Situation für die Zeitperioden von 2020 bis 2049, von 2045 bis 2074 und von 2070 bis 2099.

Das Ergebnis: Unabhängig vom kommenden Ausmaß des Klimawandels wird die Schneesaison in den Alpen künftig auf jeden Fall kürzer und die Schneedecke dünner. Wie stark allerdings der Schneerückgang ausfällt, hängt von der Höhenlage und vom Klimaszenario ab, so die Forscher. Am stärksten betroffen sind die Höhenlagen zwischen 1000 und 1500 Metern – eine Höhe, in der ein Großteil der Skigebiete liegt. „Auf rund 1000 Metern Höhe dauert die Schneesaison zurzeit rund vier Monate – von Dezember bis Ende März“, sagen Marty und seine Kollegen. „Am Ende dieses Jahrhunderts wird es bei nahezu ungebremster Erwärmung in dieser Höhenlage so gut wie keinen Schnee mehr geben.“ Auf 1500 Metern Höhe wird ihren Prognosen nach die Skisaison schon im Jahr 2035 zwei Wochen später beginnen und zwei Wochen früher aufhören. Bis 2085 schrumpft die Zeit der Schneebedeckung um 13 Wochen.

Verschiebung in höhere Lagen

Auch die Menge des Schnees wird deutlich abnehmen: Wird die Erwärmung auf zwei Grad begrenzt, dann schrumpft die Schneebedeckung um bis zu 30 Prozent bis zum Ende des Jahrhunderts, so die Prognose der Forscher. Gibt es dagegen kaum wirksamen Klimaschutz, dann werden es bis zu 70 Prozent Schnee weniger. Der Grund dafür: Durch die Erwärmung fällt der winterliche Niederschlag immer häufiger als Regen statt als Schnee. Das Klima in den Höhenlagen der Alpen verschiebt sich dadurch: Schneeverhältnisse wie heute auf 1000 Metern wird es Mitte des Jahrhunderts nur noch auf 1200 bis 1500 Metern Höhe geben, bis Ende des Jahrhunderts sogar nur noch auf 1700 bis 2000 Metern Höhe. „Davos auf 1560 Metern Höhe wird dadurch am Ende dieses Jahrhunderts nur zehn Schneetage mehr haben als heute Chur auf nur 593 Meter“, erklären die Forscher. „In Adelboden auf 1350 Metern wird es weniger Schnee geben als heute in Bern.“ Gute Bedingungen für den Wintersport könnte es dann im schlimmsten Fall nur noch oberhalb von 2500 Metern Höhe geben.

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Für die Skigebiete und die Bewohner der Alpenregion wäre dies fatal. „Viele Orte in den Alpen sind stark abhängig vom Wintertourismus, die Wirtschaft und Gesellschaft dieser Regionen wird in jedem Fall leiden“, erklärt Koautor Sebastian Schlögl vom SLF. Gibt es mehrere Winter lang kaum oder kein Schnee, wäre die Lebensgrundlage von Zehntausenden von Menschen in der Alpenregion bedroht. Hinzu kommt, dass die immer spärlicher werdende Schneedecke auch die im Frühjahr abfließenden Schmelzwassermengen beeinflusst. Im Sommer könnten die Flüsse der Alpenregion dadurch deutlich weniger Wasser führen als bisher. Das hätte für Landwirtschaft, die Gewinnung von Strom durch Wasserkraft, aber auch die Schifffahrt spürbare Folgen. Immerhin gibt es auch ein wenig Hoffnung: Gelingt es, die globale Erwärmung doch noch auf zwei Grad zu begrenzen, dann könnten zumindest die für Ende des Jahrhunderts vorhergesagten Folgen ausbleiben, so die Prognose der Wissenschaftler. Zwar werden Schneebedeckung und Dauer der Skisaison bis 2050 weiter schrumpfen, danach aber könnte sich die Lage stabilisieren. 

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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