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Rapide schmelzendes Schelfeis

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Rapide schmelzendes Schelfeis
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Seit der Jahrtausendwende sind viele Schelfeis-Schilde stark abgeschmolzen. Bis in zehn Jahren ist vielleicht nichts mehr von ihnen übrig. Foto: Olaf Schneider/pixelio.de
Das arktische ? und auch das antarktische ? Schelfeis könnte bis in zehn Jahren komplett verschwunden sein. Zu diesem erschreckenden Ergebnis sind kanadische Forscher nach einer Untersuchung des Ward Hunt Ice Shelfs in Kanada gekommen. Die Wissenschaftler von der Université Laval in Québec nahmen Sedimentproben aus der Umgebung des mit dem Festlandeis verbundenen Eisschildes und schlossen so auf seine Entwicklung während der vergangenen 4.000 Jahre. Der Klimawandel hat demnach deutlich drastischere Auswirkungen auf das Schelfeis als bislang angenommen: Den größten Teil seiner Fläche büßte das Ward Hunt Ice Shelf seit der Jahrtausendwende ein.

Im Vergleich zu Meereseis, das nur wenige Meter dick ist, hat Schelfeis oft eine Stärke von 40, zum Teil sogar bis zu 100 Metern. Die größte Schelfeisfläche der Nordhalbkugel ist das Ward Hunt Ice Shelf in Kanada ? es umfasst derzeit etwa 400 Quadratkilometer. Vor etwa 100 Jahren noch sah das ganz anders aus: Schätzungen zufolge bedeckte das mit dem Festlandeis verbundene Schild damals fast 9.000 Quadratkilometer.

Um zu prüfen, ob diese extreme Abnahme während des 20. Jahrhunderts innerhalb der natürlichen Schwankungen liegt, untersuchte das Forscherteam um den Paläontologen Dermot Antoniades von der Université Laval, Québec, Sedimente aus dem im betreffenden Gebiet liegenden Disraeli Fjord und schloss so auf die Entwicklung der Eisfläche. Anhand von in den Proben enthaltenen Nährstoffen wie Eisen, Mangan und Kalzium sowie anhand des organischen und anorganischen Kohlenstoffs konnten die Wissenschaftler auf die jeweilige Lebewelt schließen und damit auch darauf, ob das Gebiet im Norden von Ellesmere Island zu bestimmten Zeiten von Süßwasser oder von Meereswasser beziehungsweise Schelfeis geprägt war.

Demnach weisen die Ablagerungen von vor 4.000 bis vor 1.400 Jahren auf sauerstoffarme Verhältnisse hin, berichten die Wissenschaftler. Das spreche für eine dicke Eisschicht, unter der nur wenige Organismen überleben können. Während einer anschließenden Warmzeit schwand ein Großteil der Eisfläche. Dieser etwa 600 Jahre andauernden Periode ordnen die Geowissenschaftler Süßwassersedimente mit deutlich höherem Anteil an organischem Kohlenstoff, also einer intensiveren Lebewelt, zu.

Vor etwa 800 Jahren wurde das Klima wieder kälter, und das Schelfeis erlangte nahezu seine ursprüngliche Größe ? bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Innerhalb von nur 100 Jahren schmolzen dann fast 90 Prozent des Ward Hunt Ice Shelfs, der größte Teil davon während des vergangenen Jahrzehnts. Laut den Forschern ist derzeit das Klima in Amerika so warm wie noch nie während der vergangenen 1.000 Jahre. Demzufolge könnten binnen der nächsten zehn Jahre sämtliche Schelfeisschilde ? sowohl der Arktis als auch der Antarktis ? vollständig verschwinden. Ob kleinere Schilde als das Ward Hunt Ice Shelf genauso stark auf die steigenden Temperaturen reagieren, sollen künftige Studien klären, so Dermot Antoniades.

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Dermot Antoniades (Université Laval, Québec) et al.: PNAS, doi: 10.1073/pnas.1106378108 wissenschaft.de ? Marion Martin
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