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Tauwetter auch im Süden

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Tauwetter auch im Süden
Die großen Eisschilde in Grönland und in der Antarktis setzen derzeit etwa genauso viel Schmelzwasser frei wie Gebirgsgletscher und kleinere Eiskappen anderswo auf der Welt. Sowohl die Eisschilde als auch das Gletschereis tragen pro Jahr jeweils etwa 1,3 Millimeter zum Meeresspiegelanstieg bei, berichtete Eric Rignot von der University of California in Irvine jetzt auf der Tagung der European Geosciences Union in Wien. Allerdings beschleunigt sich die Schmelze der großen Eisschilde dreimal so stark wie die der Gebirgsgletscher, stellte der Forscher fest.

Rignot untersuchte die Massenbilanz des Inlandeises in Grönland und der Antarktis zwischen 1992 und 2006. Da sich die Eisschilde ständig verändern, konnte man lange nur schwer feststellen, ob sie wachsen oder schrumpfen. Erst in den letzten Jahren lieferten unterschiedliche Satelliten ein zuverlässiges Bild. „Die Daten zeigen eindeutig, dass die Eisschilde in Grönland und in der Antarktis Masse verlieren, und dass dieser Verlust sich beschleunigt“, sagte Rignot in Wien. Seiner Untersuchung zufolge schrumpften die Eisschilde 2006 um 475 Milliarden Tonnen, während die Gebirgsgletscher etwa 400 Milliarden Tonnen Eis verloren. Allerdings nahm der Schwund an Nord- und Südpol jährlich um insgesamt 36 Milliarden Tonnen zu, während die Gebirgsgletscher jährlich lediglich 12 Milliarden Tonnen mehr Eis verlieren.

„Es ist nicht sonderlich überraschend, dass die Eisschilde den Meeresspiegelanstieg in der Zukunft dominieren werden, schließlich sind sie wesentlich größer als alle anderen Gletscher“, sagte Rignot. „Es ist aber durchaus überraschend, dass sie bereits jetzt einen größeren Anteil am Meeresspiegelanstieg haben.“ Wenn sich dieser Trend fortsetze, werde der Meeresspiegel bis zum Ende des Jahrhunderts deutlich höher steigen als die 30 bis 40 Zentimeter, die der Klimarat IPCC noch 2007 prognostizierte, meint Rignot. 30 Zentimeter könnten bereits 2050 erreicht sein. Bis 2100 rechnet er mit einem Anstieg von einem Meter und schlimmstenfalls sogar deutlich mehr.

Die Ursachen des Eisverlustes sind unterschiedlich, berichtete Rignot in Wien. Sowohl in Grönland als auch in der Westantarktis beschleunigten sich viele Eisströme in der Nähe der Küsten, wodurch mehr Eis ins Meer abfloss. Schmelzwasser, das von oben durch Ritzen an den Fuß des Eises gelangte, spielte aber keine große Rolle als Gleitmittel. Entscheidender war vielmehr die Wirkung warmen Meerwassers. Die Ozeane spielten eine wichtige Rolle dabei, schwimmende Schelfeise in der Antarktis und Gletscherzungen in Grönland von unten zu destabilisieren. Wenn ein solches Bollwerk einmal abgebrochen ist, beschleunigen sich die Eisströme im Inland drastisch, hat sich in den letzten Jahren immer wieder gezeigt. In der Antarktis konnten diese Verluste nicht durch zunehmende Niederschläge ausgeglichen werden ? auch das hatten viele Forscher bislang anders gesehen.

Rignot zufolge ist auch die Ostantarktis nicht gegen die Schmelze immun. Dieser größte Teil des Südkontinents galt bislang als stabil. Die kleinere Westantarktis dagegen ist anfälliger für warme Temperaturen, weil die Basis des Eises größtenteils unterhalb der Wasseroberfläche liegt. Doch auch im Osten des Kontinents gibt es ein gefährdetes Gebiet, das von der Wissenschaft freilich bislang kaum beachtet wurde, so Rignot. In diesem Sektor, der mehr Eis beherbergt als die gesamte Westantarktis, gebe es ebenfalls Anzeichen für Veränderungen.

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Eric Rignot (University of California in Irvine) et al.: Vortrag auf der EGU-Tagung und Geophysical Research Letters, doi:10.1029/2011GL046583 wissenschaft.de – Ute Kehse
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