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Feindliche Übernahme

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Feindliche Übernahme
Der Meteoriteneinschlag, der die Kreidezeit beendete und die Dinosaurier auslöschte, erschien Geowissenschaftlern lange als die ultimative Katastrophe. Der Biologe Peter Ward von der University of Washington in Seattle hat nun eine viel größere Gefahr ausgemacht: Schon mehrfach während der letzten 550 Millionen Jahre, so berichtet der Forscher in der Zeitschrift New Scientist, haben Mikroben die Vorherrschaft über die Erde zurückerobert und das tierische Leben für Jahrmillionen zurückgedrängt.

So geschah es nach Wards Ansicht vor 250 Millionen Jahren, am Ende des Erdzeitalters Perm. Lange war es Geowissenschaftlern rätselhaft, wieso damals mehr als 90 Prozent aller Tierarten ausstarben. Eine Zeit lang schienen sich Hinweise auf einen Meteoriteneinschlag zu verdichten, wie er auch die Kreidezeit beendete. Doch eine neue Untersuchungsmethode lieferte ein anderes Bild: Sogenannte Biomarker ? stabile Moleküle, die kennzeichnend für bestimmte Lebewesen sind und die die Jahrmillionen unbeschadet überdauern können ? belegten, dass gegen Ende des Perm in den Flachmeeren sogenannte Schwefelpurpurbakterien und grüne Schwefelbakterien gediehen. Diese Mikroben brauchen Licht zum Leben, weil sie Photosynthese betreiben. Sie zersetzen dafür aber nicht Wasser, sondern das Giftgas Schwefelwasserstoff. Sauerstoff vertragen sie dagegen nicht.

Aus dem Fund der Bakterien-Biomarker ergibt sich ein erschreckendes Szenario, schreibt Ward: Die Meeresströmungen müssen am Ende des Perms völlig zum Erliegen gekommen sein. Mikroben im Meer zehrten den Sauerstoff auf und produzierten stattdessen Schwefelwasserstoff. Höheres Leben erstickte, sowohl unter Wasser als auch an Land. In den lichtdurchfluteten Meeresschichten breiteten sich Schwefelbakterien aus. Korallenriffe wurden großflächig von schleimigen Biofilmen überwuchert, und an Land zersetzten Pilze die verrottende Biomasse. Die eigentliche Ursache für die Katastrophe waren zwar Vulkanausbrüche in Sibirien, die den Treibhauseffekt verstärkten und dadurch die Temperaturunterschiede zwischen Polen und Äquator ? den Antrieb der Meeresströmungen ? aufhoben. Aber erst die Aktivität der Mikroben machte dem höheren Leben den Garaus, so Wards Theorie.

Biomarker zeigen an, dass auch bei zwei anderen Massensterben, am Ende der Erdzeitalter Devon (vor 365 Millionen Jahren) und Trias (vor 200 Millionen Jahren) Bakterien wieder an die Macht kamen. Damals breiteten sich im Meer ebenfalls Biofilme beziehungsweise sogenannte Stromatoliten aus ? Bakterienkolonien, die teppichförmige Kalkformationen absondern und die eigentlich seit 550 Millionen Jahren keine Chance mehr in den von Tieren beherrschten Ökosystemen haben.

Das Leben, schreibt Ward, sei ein ewiger Kampf zwischen den winzigen Mikroben und den höheren Lebewesen um die Vorherrschaft auf dem Planeten. Wann immer sich die Chance bietet, schlägt das Präkambrium zurück: Dann erobern sich die Einzeller den dominierenden Platz zurück, den sie während der ersten vier Milliarden Jahre der Erdgeschichte innehatten. Der Biologe ist sich sicher: Eines Tages werden sie eine neue Chance bekommen.

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Peter Ward (University of Washington, Seattle): New Scientist, 9. Februar 2008, S. 40 Ute Kehse
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