Dinosaurier konnten sich schon mit acht Jahren fortpflanzen, lange bevor sie ihre volle Größe erreichten. Das schließen Forscher aus den Überresten von drei noch nicht ausgewachsenen Sauriern, in denen sie ein spezielles kalziumreiches Knochenmark entdeckten. Dieses ermöglicht bei heutigen Vögeln die Bildung von Eierschalen und entwickelt sich nur, wenn Nachwuchs heranwächst. Der Fund von Andrew Lee von der Universität von Ohio in Athens und Sarah Werning von der Universität in Berkeley wirft die Frage auf, ob Dinosaurier in ihrer Entwicklung nicht doch mehr Ähnlichkeit mit Vögeln und Säugetieren haben als, wie lange angenommen, mit Reptilien.
Lee und Werning begannen ihre Arbeit an den Saurierknochen der Gattungen
Allosaurus,
Tenontosaurus und
Tyrannosaurus mit dem Ziel, neue Erkenntnisse über die Wachstumsgeschwindigkeit der Urtiere zu gewinnen. Da Paläontologen nur sehr selten Skelette ausgewachsener Dinosaurier finden, wurde bis jetzt allgemein angenommen, dass die Tiere ganz wie Reptilien von Geburt bis zum Tod gleichmäßig weiterwachsen. Um geschlechtsreif werden zu können, ist aber eine gewisse Mindestgröße nötig. Diese Größe hätten die jungen Saurierweibchen, bei denen Lee und Werning Fortpflanzungsfähigkeit nachgewiesen haben, nach dem Reptilienmodell des langsamen kontinuierlichen Wachstums noch lange nicht erreicht.
Lee und Werning schließen deshalb aus ihrem Fund, dass die Dinosaurier ähnlich wie Vögel und Säugetiere in ihrer Jugend eine Phase des schnelleren Wachstums durchmachten und später höchstens langsam weiterwuchsen. Diese Erkenntnis wirft nicht nur ein neues Licht auf die jugendliche Entwicklung der Dinosaurier, sie könnte auch die Auffassung über die Lebensverhältnisse der Echsen verändern: Um frühzeitige Vermehrung überhaupt nötig zu machen, muss die Sterblichkeit erwachsener Tiere sehr hoch gewesen sein, meint Werning. Lee schätzt sogar, dass Saurier nach Erreichen des Erwachsenenalters durchschnittlich nur drei bis vier Jahre weiterlebten. Das Leben könnte also auch für einen Tyrannosaurus Rex gefährlicher gewesen sein als bisher angenommen.
Andrew Lee (Universität von Ohio, Athens) und Sarah Werning (Universität Berkeley): PNAS, Band 105, S. 582 ddp/wissenschaft.de ? Livia Rasche