Die Entdeckungsgeschichte von Limusaurus inextricabilis begann 2001: Zunächst hatten Paläontologen in der chinesischen Xinjiang Provinz nur ein Fossil entdeckt – später kamen dann weitere dazu. Der Fundort war offenbar in der späten Jura-Zeit eine regelrechte Falle für diese zweibeinigen Dinosaurier aus der Gruppe der Ceratosauria: Zäher Schlamm wurde den bis zu 1,7 Meter langen Tieren zum Verhängnis. Mittlerweile sind die Paläontologen auf die Überreste von insgesamt 19 Exemplaren gestoßen. Doch lange war gar nicht klar, dass es sich nur um Exemplare einer Art handelte.
Nur eine Art – mit Besonderheit
“Zunächst glaubten wir, dass wir zwei verschiedene Arten gefunden haben – eine mit Zähnen und eine ohne – wir hatten sogar schon begonnen, sie getrennt zu beschreiben”, sagt Shuo Wang von der Capital Normal University in Peking. Als er und seine Kollegen dann allerdings versuchten, die beiden vermeintlichen Spezies anhand ihrer Detailmerkmale in den Stammbaum der Dinosauier einzuordnen, wurde zunehmend klar: Abgesehen von den kleinen scharfen Zähnen waren sie identisch.
Durch Untersuchungen der Knochenfeinstrukturen zeigte sich dann, dass es sich nur um Tiere in unterschiedlichen Altersstufen handelte: von etwa einem Jahr bis zu zehn Jahren. Nur die Jungtiere hatten bei dieser Spezies Zähne, mit zunehmenden Alter verloren sie diese dann, bis sie als vollausgewachsene Exemplare nur noch eine Art Schnabel besaßen. Dieser Prozess wird in der Fachsprache “ontogenetischer Edentulismus” genannt. Man findet ihn auch heute noch bei manchen Fischen, Amphibien und dem Schnabeltier. Von Reptilien und Dinosauriern war er hingegen bisher nicht bekannt.
Zuerst Fleisch- dann Pflanzenfresser
“Von den meisten Dinosaurier-Arten haben wir nur weinige Exemplare und ein sehr unvollständiges Verständnis ihrer Entwicklungsbiologie”, sagt Co-Autor Josef Stiegler von der George Washington University in Washington DC. “Der große Probenumfang bei Limusaurus ermöglichte es hingegen, die Entwicklungs-Prozesse durch Untersuchung der Morphologie, Mikrostruktur und der Isotopenzusammensetzung der Fossilien zu untersuchen”, so der Paläontologe.
Doch wozu besaßen die Jungtiere bei dieser Art Zähne, die Erwachsenen aber nicht? Den Forschern zufolge hatte dies mit einem Wandel der Ernährungsweise zu tun. Vermutlich waren die Jungtiere Fleisch- oder Allesfresser. Ausgewachsene Limusaurier ernährten sich hingegen wohl nur noch rein vegetarisch. Auch die chemische Zusammensetzung der Knochen bestätigte diesen Wechsel in der Ernährungsweise zwischen Jung und Alt, berichten die Forscher.
Ihnen zufolge könnten in den Ergebnissen auch Hinweise auf die Evolutionsgeschichte des Schnabels der Vögel stecken. Interessanterweise handelte es sich bei den Limusauriern nämlich um Theropoden – Wesen, die dem Entwicklungsstammbaum der Vögel zuzuordnen sind. Somit scheint es möglich, dass die Entwicklung zur völligen Zahnlosigkeit – dem Vogelschnabel – auf Übergangsformen zurückgeht, wie die Forscher sie nun bei den Limusauriern festgestellt haben.