Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Fossilfund: Meeresreptil mit Jungtier im Bauch

Erde|Umwelt

Fossilfund: Meeresreptil mit Jungtier im Bauch
17-02-14-reptil.jpg
So könnte das schwangere Dinocephalosaurus-Weibchen zu Lebzeiten ausgesehen haben (Grafik: Dinghua Yang & Jun Liu)
Krokodile, Schildkröten und Vögel haben eines gemeinsam: Sie legen Eier, statt ihre Jungen lebend zu gebären. Ob dies auch bei den gemeinsamen Vorfahren dieser Tiergruppen der Fall war, blieb jedoch bisher unklar. Jetzt haben Paläontologen in China einen aufsehenerregenden Fund gemacht: Sie entdeckten eine 250 Millionen Jahre alte Urahnin der Krokodile, die im Tod noch ihr Junges im Bauch trug. Es handelt sich um den ersten und frühesten Beleg für einen lebensgebärenden Archosauromorpha.

Für Säugetiere ist es normal, den Nachwuchs lebend zu gebären. Das Heranreifen des Fötus im Mutterleib, seine Ernährung durch die Plazenta und das Säugen des Jungen nach der Geburt sind sogar die prägenden Merkmale aller Säugetiere. Doch auch viele Vertreter einer der drei großen Reptiliengruppen haben im Laufe der Evolution das Prinzip der Lebendgeburt entwickelt: „Bei den heutigen Echsen und Schlangen ist die Viviparie mindestens 115 Mal unabhängig entstanden“, berichten Jun Liu von der Technischen Universität Hefei und seine Kollegen. Anders dagegen bei den beiden anderen großen Reptiliengruppen, den Schildkröten und den Archosauromorpha. Letztere sind die Stammeslinie, zu der Krokodile und die aus den Dinosauriern entstandenen Vögel gehören. Sie galten bisher als rein eierlegend. Und auch im Fossilstammbaum dieser Tiere fehlte bisher jeder Hinweis auf lebendgebärende Vorfahren oder Nebenzweige. Allerdings: Fossilfunde, die Aufschluss über das Fortpflanzungsverhalten der Archosauromorpha geben, reichen nur bis in das Jurazeitalter zurück. Von frühen Formen war bisher unbekannt, wie sie ihren Nachwuchs bekamen.

Nachwuchs im Bauch

Das hat sich nun geändert – dank einer Entdeckung im Süden Chinas. In einer rund 250 Millionen Jahre alten Gesteinsformation aus der Trias stießen Liu und seine Kollegen auf das Fossil eines Dinocephalosaurus. Diese zu den Archosauromorpha gehörenden Reptilien besaßen paddelförmige Füße, einen langen Hals und lebten als Fischfresser im Meer. Bei diesem Fossil jedoch waren nicht die Überreste von Fischen im Bauchraum zu erkennen, sondern Skelettteile eines Dinocephalosaurus-Jungtiers. „Wir waren so aufgeregt, als wir dieses Embryo-Fossil vor einigen Jahren entdeckten“, sagt Liu. „Aber damals waren wir nicht sicher, ob es sich wirklich um eine Mutter mit ihrem ungeborenen Baby handelte oder nicht doch um ihre letzte Mahlzeit.“ Um dies zu klären, haben die Paläontologen seither das Fossil und seine Anatomie näher untersucht. „Dabei stellten wir fest, dass wir tatsächlich etwas sehr Ungewöhnliches entdeckt hatten“, so Liu.

Gleich mehrere Merkmale des kleinen Dinocephalosaurus-Fossils im Bauchraum sprechen nach Angaben der Forscher dafür, dass es sich tatsächlich um ein ungeborenes Junges handelt: So gehört das kleine Fossil nicht nur zur gleichen Art wie das Große, der kleine Dinocephalosaurus liegt auch mit dem Kopf nach vorn im Bauchraum der Mutter. Die meereslebenden Reptilien verschlangen ihre Beute jedoch in der Regel mit dem Kopf voran und diese blieb daher auch im Magen und Darm in dieser Position.  „Das deutet darauf hin, dass dieses Skelett nicht gefressen wurde, sondern dass es sich um einen Embryo handelt“, sagen die Wissenschaftler. Das Entscheidende aber seien die Hinweise darauf, dass es sich bei diesem Jungtier nicht um einen Embryo im Ei handelt, sondern um ein Junges kurz vor der Lebensgeburt. So sind keine Spuren einer verkalkten Eihülle zu erkennen, obwohl in der Gesteinsformation andere feine Kalkstrukturen durchaus konserviert wurden.  Gleichzeitig besitzt das Jungtier bereits verkalkte Knochen, was auf einen fortgeschrittenen Entwicklungsgrad hindeutet. „Alle lebenden Archosauromorpha jedoch legen Eier, in denen die Embryos erst in einer sehr frühen Entwicklungsphase sind“, erklären Liu und seine Kollegen.

Nach Angaben der Forscher handelt es sich bei dem Fossilfund daher um den frühesten Beleg für das Lebensgebären bei den Archosauromorpha, der Tiergruppe, zu denen Krokodile und Vögel, aber auch die Dinosaurier gehörten. Der Fund beweist, dass auch frühen Vorfahren dieser eierlegenden Tiere rein biologisch durchaus dazu imstande waren, ihre Jungen lebend auf die Welt zu bringen. Gleichzeitig ist dies auch das älteste bekannte Fossil, das überhaupt Rückschlüsse auf die Reproduktion dieser Tiergruppe erlaubt. „Bisher klaffte im Fossilbestand eine Lücke von 70 Millionen Jahren zwischen dem Entstehen der Archosauromorpha und den frühesten Belegen für ihre Fortpflanzungsart“, erklären die Paläontologen. „Die Entdeckung der Lebendgeburt beim Dinocephalosaurus aus der Mittleren Trias hat diese Lücke nun geschlossen.“

Anzeige

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Scha|lot|te  〈f. 19; Bot.〉 Lauchart mit kleinen, eiförmigen Brutzwiebeln, die zusammen mit den Röhrenblättern als Gemüse dienen: Allium ascalonicum [<frz. échalotte … mehr

Opi|o|id  〈n. 11; meist Pl.; Pharm.〉 (von einem Opiat abgeleitetes) schmerzstillendes Arzneimittel [<Opium … mehr

Spalt|bar|keit  〈f.; –; unz.; Phys.〉 Eigenschaft von Kristallen bezüglich des Brechens an bestimmten, durch die Kristallstruktur gegebenen Stellen

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige