Die Schlussfolgerungen der Forscher um Steve Brusatte von der University of Edinburgh basieren auf umfassenden Auswertungen des heutigen Bestandes an Fossilienfunden und weiteren Untersuchungsergebnissen der letzten Jahre. Sie erstellten schließlich einen Katalog der Dinosaurierfossilien, der veranschaulicht, wie sich diese Tiergruppe in den Jahrmillionen vor dem Asteroideneinschlag entwickelt hat. Anhand dieser Daten entwickelten sie dann einen aktualisierten Ablaufplan der Geschehnisse, die zum Untergang der Dinosaurier führten.
Die Ergebnisse von Brusatte und seinen Kollegen verdeutlichen, dass sich die Erde im Zeitalter vor dem Einschlag in einer ausgesprochen turbulenten Phase befand: Gigantische Vulkanausbrüche, Temperaturschwankungen und Veränderungen des Meeresspiegels stellten eine enorme Herausforderung für die Anpassungsfähigkeit der Dinosaurierarten dieser Zeit dar. Viele waren diesem Druck offenbar nicht gewachsen und verschwanden. Vor allem durch den Artenschwund bei den Pflanzenfressern, von denen sich wiederum die fleischfressenden Dinos ernährten, waren die Nahrungsketten empfindlich geworden, erklären die Forscher. Dennoch gibt es ihnen zufolge keine Hinweise darauf, dass die Dinosaurier ohnehin im Begriff waren auszusterben. Vermutlich hätte sich ihre Artenvielfalt unter günstigeren Bedingungen wieder erholt. Doch dazu ließ ihnen das Schicksal keine Chance, sagen die Paläontologen: Ausgerechnet in die Phase der Schwäche krachte nämlich der Asteroid.
Der Asteroid traf auf empfindliche Nahrungsketten
Von dem Inferno zeugt heute noch eine gewaltige Narbe: Im Bereich der mexikanischen Halbinsel Yucatan finden sich die Überreste eines Kraters, der einen Durchmesser von etwa 190 Kilometern aufweist und vor etwa 66 Millionen Jahren entstand. Man geht davon aus, dass der Einschlag gigantische Flutwellen tief ins Landesinnere der Kontinente schwappen ließ und Luftpartikel die Sonne verdunkelten. Temperaturschwankungen und Umwelt-Katastrophen suchten schließlich die ganze Erde heim. Da die Nahrungsketten der Dinosaurier-Ökosysteme zu dieser Zeit nicht auf breiter, anpassungsfähigerer Artenvielfalt basierten, brachen sie in der Folge alle ein. Mit Ausnahme der Vorfahren der heutigen Vögel starben deshalb alle Dinosaurierarten aus, sagen die Forscher.
Ihnen zufolge bedeutet dies im Umkehrschluss: Wenn der Asteroid ein paar Millionen Jahre früher in die Erde gerast wäre, hätten vermutlich einige Dinosaurierarten überlebt. Ähnlich wäre es wahrscheinlich bei einem späteren Einschlag gewesen, wenn die Katastrophe auf eine erneut erstarkte Artenvielfalt gestoßen wäre. Denn über ihre lange Evolutionsgeschichte hinweg haben sich die Dinosaurier durchaus als sehr anpassungsfähig erwiesen. Den sprichwörtlich veralteten Dinosaurier hat es nie wirklich gegeben. Die vielen verschieden Arten waren faszinierende Spitzenmodelle der Evolution. „Die Dinosaurier hatten am Ende einfach nur extremes Pech”, sagt Brusatte. „Wäre es anders gelaufen, wären sie vermutlich heute noch hier – und wir nicht”, so der Paläontologe.