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Urzeitliches Nachtleben

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Urzeitliches Nachtleben
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Dimetrodons im nächtlichen Urzeitwald (Marlene Hill Donnelly)
Ob Fledermäuse, Füchse oder Lemuren: Sie alle werden erst in der Dämmerung oder sogar Dunkelheit aktiv – wie die meisten Landsäugetiere. Bisher dachte man daher, dass sich dieser Hang zum Nachtleben auch erst mit den ersten Säugern entwickelt hat. Doch jetzt belehren uns US-Forscher eines Besseren. Die Augenhöhlen von reptilienähnlichen Tieren aus dem Zeitalter des Karbon und Perm belegen demnach, dass auch diese fernen Vorläufer der Säugetiere bereits nachtaktiv waren. Das aber bedeutet, dass diese Lebensweise schon vor rund 300 Millionen Jahren existierte- und damit 100 Millionen Jahre früher als bisher angenommen.

Wann ein ausgestorbenes Tier aktiv war, ist nicht gerade leicht herauszufinden. Denn zumindest bei Säugetieren und vielen Reptilien lässt sich dies nicht am Schädel ablesen. Doch bei vielen ausgestorbenen Vorläufern der Säugetiere kommt Forschern die Anatomie zu Hilfe: Diese Tiere besitzen in der Augenhöhle noch einen knöchernen Augenring, der relativ genau die Größe und Form des Augapfels widerspiegelt. Dies wiederum erlaubt es, auf die Lichtempfindlichkeit der Augen zu schließen – und damit auch darauf, wann ein Tier aktiv war.

Knöcherne Augenringe als Indiz

Kenneth Angielczyk vom Field Museum in Chicago und sein Kollege Lars Schmitz haben diese Tatsache genutzt, um systematisch die Aktivitätszeiten von frühen Synapsiden, reptilienähnlichen Vorfahren der Säugetiere, zu untersuchen. Diese Synapsiden waren vor 315 bis 200 Millionen Jahren die dominierende Tiergruppe an Land. Zu ihnen gehörte unter anderem Dimetrodon, ein saurierähnliches Tier mit einem großen, von Knochenstäben stabilisierten Segel auf dem Rücken. „Nach gängiger Auffassung waren diese Tiere tagaktiv, aber es gab eigentlich nie eindeutige Beweise dafür“, sagt Angielczyk. Um diese zu suchen, vermaßen die Forscher in verschiedenen Museen und Sammlungen die Augenringe von 24 verschiedenen Arten der frühen Synapsiden und verglichen diese mit denen heutiger tag- und nachtaktiver Echsen und Vögel, die ebenfalls solche Augenringe besitzen.

Wie sich zeigte, waren unter den Synapsiden fast alle Lebensweisen und Aktivitätszeiten vertreten. Auffallend aber war, dass ausgerechnet die ältesten Vertreter dieser Tiergruppe fast alle nachtaktiv waren, wie die Forscher berichten. Das aber bedeutet, dass diese nächtliche Lebensweise bereits vor 300 Millionen Jahren existierte – und damit 100 Millionen Jahre vor der Entwicklung der ersten Säugetiere. Zu diesen ersten Nachttieren gehörte auch der räuberisch lebende Dimetrodon. „Die Vorstellung eines nachtaktiven Dimetrodon war sehr überraschend“, sagt Angielczyk. „Aber das zeigt, wie wenig wir über das tägliche Leben unserer ältesten Verwandten wussten.“ Nach Ansicht der Forscher spricht sogar einiges dafür, dass der älteste gemeinsame Vorfahre aller Synapsiden nachtaktiv war – diese Lebensweise wäre demnach eher die Regel als die Ausnahme, auch damals schon.

Die neuen Erkenntnisse demonstrieren aber noch etwas: Die nächtliche Lebensweise erfordert offenbar weder ein wärmendes Fell noch eine gleichwarme Regulation der Körpertemperatur oder ein großes Gehirn. Denn all diese typischen Säugermerkmale galten bisher als Voraussetzung oder zumindest als großer Vorteil für das Herumwandern in der kälteren, dunklen Zeit des Tages. „Doch diese Merkmale sind bei den frühen Synapsiden nicht oder nur rudimentär vorhanden – sie werden demnach für nächtliche Aktivität nicht unbedingt benötigt“, so die Forscher.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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