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Landung im Schlamm

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Landung im Schlamm
Durch einen glücklichen Zufall blieb ein flüchtiger Moment vor 310 Millionen Jahren für die Ewigkeit erhalten: Forscher von der Tufts University im US-Staat Massachusetts haben den perfekt erhaltenen Abdruck eines uralten Insekts entdeckt, das sich kurz am Rand einer schlammigen Pfütze niedergelassen hatte und dabei eine Art Negativ seiner Beine und seines Hinterleibs erzeugte. Wie Richard Knecht und Kollegen jetzt berichten, handelt es sich um den ältesten derartig vollständigen Abdruck eines fliegenden Insekts. Höchstwahrscheinlich stammt er von einer primitiven Eintagsfliege.

Wann die ersten fliegenden Insekten auftauchten und warum sie sich in die Lüfte erhoben, ist seit Langem umstritten. Vermutlich entwickelten sie sich gegen Ende des Erdzeitalters Devon vor etwa 360 Millionen Jahren, doch bislang fehlen die fossilen Belege. Erst vom Ende des Zeitalters Karbon, vor mehr als 300 Millionen Jahren, sind einige Fossilien erhalten geblieben. Sie zeigen, dass es damals bereits unterschiedliche Gruppen fliegender Insekten gab, darunter frühe Libellen mit einer Spannweite von bis zu 70 Zentimetern.

Paläontologen vermuten schon länger, dass die Vorfahren der Eintagsfliegen zu den ersten Fluginsekten gehörten. Doch die ältesten kompletten Fossilien stammten bislang aus dem Erdzeitalter Perm, das vor 299 Millionen Jahren begann. Aus dem Karbon waren bislang nur einzelne Flügel bekannt. Der Abdruck, den Knecht und seine Kollegen jetzt untersucht haben, schließt nach Meinung der Forscher diese Lücke: Er ist so detailreich, dass sie den Erzeuger eindeutig als Eintagsfliege identifizieren konnten.

Das Schiefergestein, in den das etwa vier Zentimeter lange Insekt seinen Körperabdruck einprägte, war vor 310 Millionen Jahren noch weicher, feinkörniger Schlamm, womöglich am Rand einer kleinen Pfütze. Die Forscher entdeckten das Fossil in einer Kleinstadt in Massachusetts hinter einem Einkaufszentrum. Weil in dem Gestein keine Fußspuren zu sehen sind, gehen sie davon aus, dass das Insekt auf dem Luftweg dorthin kam. Es landete auf dem weichen Untergrund und hinterließ dabei tiefe Abdrücke seiner Beine und seines Hinterleibs. Dann trippelte es ein wenig hin und her und flog schließlich wieder weg.

Abdrücke des Kopfes und der Flügel sind zwar nicht zu sehen, doch aus der Körperhaltung schließen die Forscher, dass es sich um eine Eintagsfliege handelte, die Flügel besaß: Bei der Landung spreizte sie ihre sechs Beine zur Seite und drückte den langen, dünnen Hinterkörper nach unten in den Schlamm. Die Forscher spekulieren nun, ob das Insekt auf dem Wasser laufen konnte oder ob es an der Pfütze landete, um dort zu trinken. Allerdings ist fraglich, ob es überhaupt die dafür nötigen Mundwerkzeuge besaß. Moderne Eintagsfliegen haben ein extrem kurzes Erwachsenenleben, das nur wenige Tage dauert. Ihre Mundwerkzeuge sind verkümmert und sie fressen in ihrem letzten Lebensstadium nichts.

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Richard Knecht (Tufts University, Medford, US-Staat Massachusetts) et al.: PNAS, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1073/pnas.1015948108 wissenschaft.de – Ute Kehse
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