Doch welche passive Transportmöglichkeit hätte sie gehabt? Diese Frage brachte die Forscher auf die Idee, die Kontinentaldrift könne die Ursache für das weite Verbreitungsgebiet der Schecken sein. Um ihre Theorie zu überprüfen, verfolgten sie den Stammbaum der europäischen und der afrikanischen Tudorella-Arten zurück: Ihr Ziel war es, den letzten gemeinsame Vorfahren der Schneckenarten zu bestimmten. Denn auf diese Weise hätten sie zugleich auch der Zeitpunkt ermittelt, zu dem die Tiere das Mittelmeer überquerten und sich anschließend in verschiedene Arten aufspalteten.
Bei der Suche nach dem Schneckenurahn machten sich die Wissenschaftler die Theorie der sogenannten Molekularen Uhr zunutze: Sie geht davon aus, dass Mutationen, die jeder Artentwicklung vorangehen, in ungefähr gleichen Zeitabständen erfolgen. Aus der Häufigkeit der DNA-Unterschiede zwischen den europäischen und den afrikanischen Tudorella-Arten konnten die Forscher somit berechnen, wann die Aufspaltung der Arten begonnen haben muss. Das Ergebnis passte: Der letzte gemeinsame Vorfahre der Schnecken lebte demnach vor rund 30 Millionen Jahren ? eben zu der Zeit, da sich eine Platte vom europäischen Festland löste und auf Afrika zusteuerte.
„Wir konnten damit zeigen, dass sich die ungewöhnliche Verteilung der Tudorella nicht durch biologische, sondern durch geologische Prozesse erklären lässt“, erläutert der Biologe Markus Pfenninger. „Diese Erkenntnis trägt dazu bei, die Verteilung von Arten besser zu verstehen und erklärt nebenbei das Phänomen, warum Nordafrikas Fauna und Flora mit Europa stärker verwandt ist als mit dem Rest Afrikas.“