Kosmische Strahlung hat ihren Ursprung in Supernova-Explosionen. Bei diesen Sternexplosionen werden schwere Atomkerne fast bis auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und können somit die Hüllen von Raumschiffen durchdringen. Im menschlichen Gewebe zerstören sie unter anderem die Stränge der DNA-Moleküle und beschädigen Gene.
Der Sonnenwind entsteht vorzugsweise bei den so genannten koronaren Massenausbrüchen auf der Sonne. Dabei schleudert ein explodierender Sonnenfleck vor allem Wasserstoffkerne, also Protonen, ins All. Da die Protonen positiv geladen sind, tragen sie ein Magnetfeld mit in den Weltraum. Dieses Magnetfeld durchdringt unser gesamtes Sonnensystem und wirkt als Schutzschild vor den ebenfalls positiv geladenen Teilchen der kosmischen Strahlung.
„2005 war ein überraschend aktives Jahr für die Sonne“, sagt Cucinotta. „Deshalb ist die Crew der Internationalen Raumstation ISS in diesem Jahr mit verhältnismäßig wenig kosmischer Strahlung belastet worden.“ Aber auch während der übrigen Zeit sind die Astronauten der ISS nicht dem vollen kosmischen Bombardement ausgeliefert. Der Grund ist zum einen das Magnetfeld der Erde, zum anderen die Erde selbst, weil sie die Strahlung zumindest aus einer Richtung abschirmt. Insgesamt trifft die ISS-Besatzung etwa ein Drittel der Dosis, die Astronauten im freien Raum abbekommen würden.
Zwar stellen auch die Protonen des Sonnenwindes ein Gesundheitsrisiko für die Astronauten dar, aber nur wenige dieser Protonen schaffen es, die Hülle der ISS oder die von Raumschiffen zu durchdringen. Deshalb könnten vielleicht auch zukünftige Mars-Astronauten ihre Reise unter dem Schutz des Sonnenwindes relativ unbeschadet überstehen. Schickt man das Mars-Raumschiff während eines Aktivitätsmaximums der Sonne auf die Reise, dann könnte allein dadurch die Intensität der kosmischen Strahlung, der die Astronauten ausgesetzt sind, um 30 Prozent vermindert werden. Die Sonne wird die nächsten Maxima in ihrem elfjährigen Zyklus in den Jahren 2011 und 2022 haben.
Ob dieser zusätzliche Schutz reichen wird, ist derzeit nicht klar. „Das Risiko eines gesunden, nicht rauchenden, 40 Jahre alten, männlichen Amerikaners, an Krebs zu sterben, ist etwa 20 Prozent“, erklärt Cucinotta. „Wenn wir dieses Risiko durch den Marsflug um einige wenige Prozent erhöhen, ist das OK. Aber eine Erhöhung um weitere 20 Prozent wäre nicht akzeptabel.“
Zur besseren Einschätzung des Krebsrisikos für Mars-Astronauten hat die Nasa im Oktober 2003 das Space Radiation Laboratory gegründet. „Unser Ziel ist es, die große Unsicherheit in der Risikoabschätzung bis zum Jahr 2015 auf wenige Prozent zu drücken“, erklärt Cucinotta.
Stellt sich dann heraus, dass das Strahlungsrisiko unakzeptabel hoch ist, dann muss das bei der Planung des Raumschiffes berücksichtigt werden. Polyethylen ? das Material, aus dem auch Müllbeutel hergestellt werden ? schirmt beispielsweise 20 Prozent mehr kosmische Strahlung ab als das heute in Raumschiffen verwendete Aluminium. Die nächste Steigerung wäre ein Schutz mit flüssigem Wasserstoff, der zweieinhalbmal besser vor kosmischer Strahlung schützt als Aluminium.
Vielleicht nicht ganz zu Ende gedacht ist folgender Vorschlag von Cucinotta: „Wir könnten Tanks mit flüssigem Wasserstoff, den wir gleichzeitig als Treibstoff verwenden, um die Quartiere der Crew herumkonstruieren.“ Mit dem Verbrauch des Treibstoffs vermindert sich dann natürlich auch der Schutz. Trotzdem könnte dadurch das Gesamtrisiko möglicherweise auf einen akzeptablen Wert gedrückt werden.
Die aktuelle Geschwindigkeit und Protonendichte des Sonnenwindes finden Sie hier. Die aktuelle Stärke der kosmischen Strahlung finden Sie hier.