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100 Tage im All: "Wie Bauarbeiter, die ein Haus errichten"

Astronomie|Physik

100 Tage im All: "Wie Bauarbeiter, die ein Haus errichten"
Die Mannschaft an Bord der internationalen Raumstation ISS hat am Freitag ihr erstes Dienstjubiläum gefeiert. 100 Tage hat die erste Langzeitbesatzung im All verbracht und dabei in ihrer Rolle als Monteure und Möbelpacker den Außenposten der Menschheit im All für die nächsten Jahre einsatzbereit gemacht. Die erste Bilanz fiel für die russisch-amerikanische Besatzung positiv aus. „Wir liegen voll im Plan“, lobte die russische Flugleitzentrale. Und die US-Raumfahrtbehörde NASA, einst Moskaus Erzkonkurrent beim Griff nach den Sternen, sah die ISS „in exzellenter Verfassung“.

Dabei liefen die ersten Tage im All für die beiden russischen Kosmonauten, Bordingenieur Sergej Krikaljow und Pilot Juri Gidsenko, sowie für den US-Bordkommandanten Bill Shepherd nach ihrer Ankunft am 2. November 2000 nicht sonderlich rund. Die Installation der Kochplatte dauerte eineinhalb Tage statt der vorgesehenen 30 Minuten, beim Anschließen der Computer passten russische und amerikanische Stecker nicht zusammen, und die Klimaanlage ertrank anfangs in dem aus der Luft gefilterten Wasser. Bis zur Ankunft des ersten Space Shuttle im Dezember bekamen die drei Raumfahrer die Kinderkrankheiten der ISS aber in den Griff.

Derartige Probleme werfen erfahrene russische Raumfahrtexperten wie Viktor Blagow nicht aus der Umlaufbahn. Für die Aufregung um die ISS hat der stellvertretende Flugleiter in der russischen Raumfahrtzentrale bei Moskau wenig Verständnis. „Was die Kosmonauten auf der ISS machen, ist doch alles Routine. Das kennen wir schon alles von der Mir“, meinte Blagow. An Bord der russischen Raumstation mussten die Kosmonauten vor allem gute Handwerker sein. „Das wichtigste Instrument oben ist der Schraubenzieher“, sagte einer der Mir-Veteranen. Im März soll die Mir, der Stolz der sowjetischen Raumfahrt, nach 15 Jahren versenkt werden.

An Bord der mit modernster Technik ausgestatteten ISS muss die erste Langzeitbesatzung Tag für Tag ein strammes Programm absolvieren. Module vernetzen, Geräte reparieren, Ausrüstung und Vorräte verstauen und alles inventarisieren. „Shuttlen und Basteln“, ulken Raumfahrtbegeisterte. Das eigentliche Forschen beginnt erst mit der langersehnten Ankunft des Destiny-Moduls an Bord des US-Shuttles Atlantis. „Es ist wie bei Bauarbeitern, die ein neues Haus errichten: Die erste Etage ist fertig, dann geht man zur zweiten über“, erläuterte Blagow in Moskau. Am Projekt sind insgesamt 16 Nationen beteiligt, darunter auch Deutschland.

Lediglich zum Jahreswechsel gönnten sich die Raumfahrer ein wenig Abwechslung. „Wir haben schon eine Flasche Krimsekt intus und machen gleich noch eine auf“, scherzten die Russen Gidsenko und Krikaljow in einer Videoübertragung. In der Bodenstation nahm ihnen das keiner ab, der Genuss von perlendem Sekt ist in der Schwerelosigkeit unmöglich.

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Die Geschichte der ISS war bislang auch eine Aneinanderkettung von Verspätungen. Zuletzt verschoben die Amerikaner den Start ihrer Raumfähre Atlantis, weil „noch Kabel in den Triebraketen überprüft werden mussten“. Auf Grund der allgemeinen Verzögerungen erhalten auch die ersten Dauergäste an Bord der ISS eine Verlängerung um mindestens zwei Wochen voraussichtlich bis Mitte März.

Auch nach dem erfolgreichen Einrichten der ISS bleibt das auf 200 Milliarden Mark Bau- und Betriebskosten geschätzte Weltraumprojekt umstritten. Skeptiker sprechen angesichts der russisch-amerikanischen Zusammenarbeit von einem astronomisch teuren „Denkmal der Völkerfreundschaft“. Ob das ISS-Projekt den erhofften Quantensprung in der Weltraumforschung bringen wird, hängt von den kommenden Besatzungen an Bord ab. Gidsenko, Krikaljow und Shepherd haben in den ersten 100 Tagen im All immerhin den Grundstein für eine erfolgreiche Mission gelegt.

dpa

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