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Aldrin, Mond und Mars

Astronomie|Physik

Aldrin, Mond und Mars
Heute vor 45 Jahren begann das wohl größte Abenteuer der Menschheit: die bemannte Landung auf einem anderen Himmelskörper. Buzz Aldrin, zusammen mit Neil Armstrong der erste Mensch auf dem Mond, hat mit bild der wissenschaft gesprochen – und längst das nächste Ziel im Visier: den Mars.

Am 16. Juli 1969 um 14:32 Uhr Mitteleuropäischer Zeit donnerte eine gigantische Saturn-V-Rakete in den Himmel. Es war der Start von Apollo 11, jener historischen Mission, die dazu führte, dass wenige Tage später, am 21. Juli um 3:56 Uhr MEZ, erstmals ein Mensch den Mond betrat. Von eher kleinlichen, aber doch großformatigen Motiven getrieben – ein stolzgeschwellter Wettlauf („space race“) von rund 400.000 Kilometer in einem über 10 hoch 18 Mal so großen Universum –, entstand etwas Neues (zumindest im Sonnensystem, wenn nicht in der Galaxis): der Sprung über einen kosmischen Abgrund. An Bord von Apollo 11 waren drei Männer: Neil Armstrong, Edwin Aldrin und Michael Collins.

Armstrong und Aldrin waren mit dem Landemodul Eagle im „Meer der Stille“ gelandet und hatten sich 21 Stunden auf der Mondoberfläche aufgehalten, davon zweieinhalb Stunden außerhalb ihres Moduls, und rund 20 Kilogramm Gestein eingesammelt sowie wissenschaftliche Instrumente aufgestellt. Collins umkreiste indessen mit der Raumfähre Columbia den Mond – und war übrigens der erste „einsamste Mensch“ überhaupt, denn auf der erdabgewandten Mondseite war er vollkommen isoliert und von der übrigen Menschheit weiter entfernt als je eine Person zuvor.

Vom Mond zum Mars

Wie kein anderer der insgesamt zwölf Menschen, die zwischen 1969 und 1972 den Mond betreten hatten, machte sich Aldrin im nicht immer einfachen Leben danach, zurück auf der Erde, um die weitere Entwicklung der bemannten Raumfahrt verdient. Inzwischen hat er sich auch offiziell in Buzz Aldrin umbenannt, wie er immer gerufen wurde. (Den Spitzname für „buzzer“ = „brother“ erhielt er gleich nach seiner Geburt von seiner kapp zwei Jahre älteren Schwester). Er wurde am 20. Januar 1930 in Montclair, New Jersey, geboren. Er promovierte 1963 am Massachusetts Institute of Technology über Rendezvoustechniken im Orbit und kam wenig später mit einigem Glück in den Astronauten-Kader der NASA und 1966 mit Gemini 12 in die Erdumlaufbahn, wo er den ersten „Weltraumspaziergang“ vollführte, der mehr als ein Ausstieg war, sondern einen Arbeitseinsatz. Aldrin hatte dafür Unterwasser-Trainingstechniken zur Simulation von Schwerelosigkeit vollführt und entwickelt.

Inzwischen ist Aldrin einer der engagiertesten Fürsprecher für eine bemannte Landung auf dem Nachbarplaneten Mars. Er hat 1985 sogar ein eigenes Konzept dafür entwickelt, das zyklische Flüge ermöglichen würde, und mit Starcraft Boosters, Inc., sogar ein Design-Unternehmen für Raketen gegründet. Aldrin hält es für durchaus machbar, dass Menschen bereits in 30 Jahren den Roten Planeten betreten.

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Dafür plädierte er auch letzte Woche scheinbar in der Provinz, auf der Ostalb. Allerdings ist diese „Provinz“ mit dem Lonetal nicht nur eine Wiege der menschlichen Kultur – mit die ältesten Kunstwerke stammen wurden dort gefunden –, sondern mit dem Steinheimer Becken, einem knapp vier Kilometer großen und 15 Millionen Jahre alten Einschlagskrater, auch ein besonders kosmischer Ort. Anlass von Aldrins Besuch war allerdings etwas anderes: die Eröffnung des neuen Zeiss Forum und Museum in Oberkochen, dem Stammsitz des 1846 gegründeten Unternehmens mit weltweit über 24.000 Mitarbeitern in über 40 Ländern und einem Jahresumsatz von rund 4,2 Milliarden Euro. Zeiss ist international führend in Optik und Optoelektronik und stellt neben hochwertigen Brillengläsern, Foto- und Filmobjektiven, Ferngläsern und Planetarien auch High-Tech-Produkte für die Halbleiter-, Maschinenbau- und Automobilindustrie her sowie für die Medizintechnik.

Der nächste Schritt

Gefragt, womit er sich zurzeit hauptsächlich beschäftige, antwortete Aldrin: „Meine gegenwärtigen Aktivitäten sind fast ausschließlich auf den 45. Jahrestag der ersten bemannten Landung auf dem Mond gerichtet. Wir hoffen, und es sieht vielversprechend aus, dass wir den US-Präsidenten treffen werden. Neil Armstrong ist vor gut einem Jahr verstorben, aber Michael Collins wird dabei sein.“

„Es geschieht nicht oft, dass jemand wie ich sich Grandiosität für die Wege in die Zukunft wünscht“, fügte Aldrin beinahe schüchtern hinzu – und drängt darauf, diese Wege zu erkunden. Er erwähnt Barack Obamas erste große Rede vor der NASA, als er die Pläne seines Amtsvorgängers umbog: weg vom Ziel einer Rückkehr zum Mond, hin zu einem bemannten Flug zu einem Planetoiden und – wie schon bei George Bush – dem Fernziel Mars. „Der Präsident berichtete uns in seiner ersten Amtsperiode in Florida ein wenig über die Weltraum-Pläne, wie er sie damals sah“, erläuterte Aldrin. „Ich finde, das Jubiläum jetzt ist eine wunderbare Zeit für ihn, über das zu sprechen, was er tun und vorbereiten kann.“ Aldrin spekuliert – und macht deutlich, daß dies sein eigener Wunsch wäre –, Obama könnte dem kommenden Präsidenten beim nächsten Jubiläum in fünf Jahren, dem 50. Jahrestag der ersten Mondlandung, dazu verhelfen, „sich in einer sehr konkreten und historisch bedeutsamen Weise zu verpflichten, eine permanente Station auf dem Mars zu errichten. Ich denke, das kann in zwei Jahrzehnten gemacht werden – im Vergleich zu Präsident Kennedys einer Dekade für die Landung auf dem Mond.“

„Ich denke, 30 Jahre ist eine gute Zahl. Ich sprach von zwei Jahrzehnten ab 2019“, präzisierte Aldrin seine Mars-Utopie – wohl wissend von den Problemen der Finanzierung, denn wäre diese früher erfolgt, hätte die Landung schon in den 1980er- oder 1990er-Jahren stattfinden können. Für Aldrin ist es an der Zeit, quasi den nächsten Entwicklungsschritt des menschlichen Geistes einzuleiten (wörtlich sagt er: „I think we are ready to go to uplift the spirits of the world“). „Denn Menschen haben schon immer die Umgebung erkundet – um zu sehen, was auf der anderen Seite des Ozeans liegt, was sich hinter dem Gipfel des Berges befindet, was das Ding am Himmel ist, das Mond heißt. Können wir dorthin gelangen? Ja, wir taten es!“ Und mit Blick auf seinen Gastgeber fügte er lächelnd hinzu: „Den Mars kann man nicht sehr gut sehen. Er ist etwas Rötliches. Wenn man nun die wundervollen Linsen von Zeiss benutzt, sieht man den Mars viel besser.“

Die Zukunft hinter der Ecke

Aldrin war eingeladen, um als Ehrengast das Zeiss Forum zu eröffnen. Das ist gar nicht so weit hergeholt, wie es klingt. Denn die Hasselblad-Mittelformatkamera der Apollo-Astronauten enthielt ein Zeiss-Objektiv. Es war eigens von der Firma modifiziert worden, um den Extrembedingungen im Weltraum trotzen zu können. Das Zeiss Forum mit dem Museum – insgesamt über 20 Räume auf 5000 Quadratmeter – wurde für 14 Millionen Euro errichtet (neben 11,5 von Zeiss stammen jeweils 1,25 Millionen von der Stadt Oberkochen und dem Ostalbkreis). Das Forum soll nicht nur der Wirtschaft zugute kommen, sondern auch Wissenschaft, Kunst, Kultur und Politik für Kongresse, Symposien und Tagungen. Das Museum der Optik – für jeden Interessierten kostenlos offenstehend – zeichnet mit über 1000 Ausstellungsobjekten die Innovationsgeschichte von Zeiss nach. „Kunden und Besucher können im neuen Museum erleben, welche wegweisenden Produkte und Technologien Zeiss in mehr als 160 Jahren auf den Weg gebracht hat und damit das Leben vieler Menschen verbessert“, sagte Michael Kaschke, Vorstandsvorsitzender von Zeiss.

Kaschke führte Aldrin auch durch die geräumige Ausstellung – alles in Weiß gehalten in modernem Design – und sogar einem Kleinstplanetarium hinter einer zylindrischen Wand. Kaschke erläuterte kurz einige Exponate, Aldrin stellte interessierte Fragen. Besonders freute er sich, ein Replikat der Kamera zu sehen und anzufassen, die er auf dem Mond benutzte. Sie sei viel schwerer hier auf der Erde, grinste er und wog sie in der Hand. Weiter ging es zum Stolz der Ausstellung, dem ersten „wissenschaftlichen Mikroskop“, das von den Firmengründern stammte, und das golden in einer Glasvitrine bleckte, als sei es ein Königsgeschmeide. Auch das Handfernrohr ist ausgestellt, das Napoleon bei der Schlacht von Waterloo mit sich führte – Kaschke bat, das nicht zu symbolisch zu interpretieren. Eine lange Schauwand zeigt die verzweigten Linien der Firmengeschichte und -produkte und endet an einer dunklen Ecke. „What is behind that corner?“, wollte Aldrin wissen. „The future“, antwortete Kaschke. „The future is always around the corner“, lachte Aldrin. Und nahm dann interessiert zur Kenntnis, dass die Optische Lithographie, mit der Zeiss in der Computertechnik brilliert, ein Weltraumprodukt ist, weil einst für den Röntgensatelliten Rosat entwickelt.

Viele Feierlichkeiten

Die NASA feiert das 45-jährige Jubiläum der ersten bemannten Mondlandung in den kommenden Tagen mit einer Reihe von Veranstaltungen, die auch über NASA-TV übertragen werden. So wird der bekannte Schauspieler Morgan Freeman am Jet Propulsion Laboratory zur Weltraumfahrt sprechen; zugeschaltet ist Reid Wiseman auf der Internationalen Raumstation (ISS). Der NASA-Administrator Charles Bolden wird in Florida zusammen mit Aldrin, Collins, Jim Lovell (mit dem Aldrin 1966 mit Gemini 12 im All war, und der mit der Unglücksmission Apollo 13 den Mond nicht erreichte) sowie mit den ISS-Astronauten das Operations and Checkout Building der NASA Armstrong zu Ehren umbenennen. Dort fanden wesentliche Entwicklungen der Apollo-Missionen statt; gegenwärtig wird hier das Raumschiff Orion gebaut, mit dem Astronauten im nächsten Jahrzehnt zu einem Planetoiden fliegen sollen. Und in San Diego ist eine öffentliche Diskussion zur Zukunft der bemannten Raumfahrt geplant, an der Aldrin ebenfalls teilnimmt. Zu all diesen Aktivitäten hat die NASA eine eigene Webseite eingerichtet: http://www.nasa.gov/apollo45.

Bei allem Rummel gilt aber doch: Marketing ist nicht alles. Es kommt auf den festen Willen und die Finanzierung an. „Es ist frustrierend langsam“, räumte Aldrin in Oberkochen ein. „Mit einem Prozent des US-Haushalts wird eine Mars-Landung nicht funktionieren. Für den Mond waren 3,5 bis 4 Prozent nötig – nur zu dem Mond. Es scheint seltsam zu sein, wenn ich sage ’nur zu dem Mond‘. Aber ich fühle wirklich so.“ Er lacht: „Das war ein kleiner Schritt für einen Menschen – und wir werden viele große Sprünge in der Zukunft machen.“

© wissenschaft.de

Rüdiger Vaas ist bdw-Astrophysik-Redakteur. Er hat zum Thema Urknall und Teilchenphysik vor kurzem das Buch „ Vom Gottesteilchen zur Weltformel“ veröffentlicht. Mit Buzz Aldrin konnte er ausführlich sprechen – darüber bald mehr in der kommenden September-Ausgabe von bild der wissenschaft.

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