Wie die Tübinger jetzt allerdings zeigen konnten, ist für die Spiegelneuronen Bewegung nicht gleich Bewegung. Vielmehr scheint ihre Reaktion sehr stark davon abzuhängen, wie nah einem der andere während einer Handlung kommt. Getestet haben die Forscher das mit Hilfe von Rhesusaffen, vor denen ein Gegenstand auf dem Tisch lag. Griff ein Mitarbeiter nach diesem Gegenstand, feuerte immer etwa die Hälfte der Nervenzellen im Bewegungszentrum des Tieres, die aktiv wurden, wenn es selbst nach dem Objekt griff. Die andere Hälfte der Spiegelneuronen machte ihre Aktivität hingegen davon abhängig, ob der Affe den Gegenstand mit seinen Armen erreichen konnte oder nicht: Lag er sehr nahe, feuerte die eine Hälfte der übrigen Neuronen, lag er außerhalb der Reichweite des Tieres, wurde die andere Hälfte aktiv. Ein weiterer Test bestätigte, dass es ausschließlich darauf ankam, ob der Affe den Gegenstand erreichen konnte oder nicht ? und nicht auf die absolute Entfernung.
Die Spiegelneuronen registrieren demnach zum einen die tatsächliche Distanz zum Gegenstand und zum anderen, ob er sich in Reichweite befindet oder nicht. Vor allem letzteres, also die Unterscheidung zwischen eher intimen Annäherungen und einer deutlichen Distanz, sei wichtig, um angemessen reagieren zu können, so die Forscher. Passiere etwas in unmittelbarer Nähe des Körpers, könne das Tier sofort reagieren. Liege die Aktion jedoch außerhalb seiner Reichweite, muss es zuerst die Distanz überwinden und kann dann erst seine Reaktion einleiten. Die Spiegelneuronen helfen demnach dabei, in einer Situation die passende Reaktion auszuwählen, um mit dem Gegenüber zu interagieren.