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Distanziertes Verhalten

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Distanziertes Verhalten
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Spiegelneuronen gehören wohl zu den spannendsten und geheimnisvollsten Hirnzellen. Sie feuern sowohl bei eigenen Bewegungsabläufen als auch dann, wenn man die gleiche Bewegung bei anderen beobachtet ? und helfen so, sich in das Gegenüber hineinzuversetzen. Doch die vielseitigen Nerven können offenbar noch mehr, zeigt jetzt eine Studie einer Tübinger Forschergruppe: Sie registrieren nicht nur die Bewegungen von anderen, sondern analysieren sie auch und bestimmen so, ob eine Reaktion auf diese Bewegung nötig ist oder nicht. Entscheidend scheint dabei zu sein, wie nah einem der andere kommt, berichten Vittorio Caggiano und seine Kollegen.

Obwohl von einigen wenigen Forschern angezweifelt, gilt die Existenz von Spiegelneuronen mittlerweile als gut gesichert. Es handelt sich dabei um eine Gruppe von Nervenzellen in den Gehirnen von Affen und Menschen, genauer im sogenannten prämotorischen Cortex, der zum Bewegungszentrum gehört und an Planung und Ausführung willkürlicher Bewegungen beteiligt ist. Wegen ihrer ungewöhnlichen Aktivierung allein durch die Beobachtung von Aktionen oder Bewegungen bei anderen gelten sie als entscheidend für die Fähigkeit von Mensch und Affe, die Handlungen eines Gegenübers ebenso wie die Absichten dahinter zu verstehen.

Wie die Tübinger jetzt allerdings zeigen konnten, ist für die Spiegelneuronen Bewegung nicht gleich Bewegung. Vielmehr scheint ihre Reaktion sehr stark davon abzuhängen, wie nah einem der andere während einer Handlung kommt. Getestet haben die Forscher das mit Hilfe von Rhesusaffen, vor denen ein Gegenstand auf dem Tisch lag. Griff ein Mitarbeiter nach diesem Gegenstand, feuerte immer etwa die Hälfte der Nervenzellen im Bewegungszentrum des Tieres, die aktiv wurden, wenn es selbst nach dem Objekt griff. Die andere Hälfte der Spiegelneuronen machte ihre Aktivität hingegen davon abhängig, ob der Affe den Gegenstand mit seinen Armen erreichen konnte oder nicht: Lag er sehr nahe, feuerte die eine Hälfte der übrigen Neuronen, lag er außerhalb der Reichweite des Tieres, wurde die andere Hälfte aktiv. Ein weiterer Test bestätigte, dass es ausschließlich darauf ankam, ob der Affe den Gegenstand erreichen konnte oder nicht ? und nicht auf die absolute Entfernung.

Die Spiegelneuronen registrieren demnach zum einen die tatsächliche Distanz zum Gegenstand und zum anderen, ob er sich in Reichweite befindet oder nicht. Vor allem letzteres, also die Unterscheidung zwischen eher intimen Annäherungen und einer deutlichen Distanz, sei wichtig, um angemessen reagieren zu können, so die Forscher. Passiere etwas in unmittelbarer Nähe des Körpers, könne das Tier sofort reagieren. Liege die Aktion jedoch außerhalb seiner Reichweite, muss es zuerst die Distanz überwinden und kann dann erst seine Reaktion einleiten. Die Spiegelneuronen helfen demnach dabei, in einer Situation die passende Reaktion auszuwählen, um mit dem Gegenüber zu interagieren.

Vittorio Caggiano (Universität Tübingen) et al.: Science, Bd. 324, Nr. 5925, S. 403 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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