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Out-of-Body-Experience, hausgemacht

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Out-of-Body-Experience, hausgemacht
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Während der Versuchsteilnehmer sich selbst aus der Kameraperspektive von hinten sah, berührte der Forscher dessen Brust mit einem Stift. Bild: Henrik Ehrsson
Einem schwedischen Forscher ist es gelungen, im Labor eine außerkörperliche Erfahrung zu erzeugen: Mit Hilfe von Kameras und Videobrillen vermittelte er gesunden Freiwilligen das Gefühl, sich außerhalb ihres eigenen Körpers zu befinden und sich selbst von dieser Position aus zu betrachten. Verantwortlich für diese auch Out-of-Body-Experience genannte Illusion ist seiner Ansicht nach ein multisensorischer Konflikt, also die Unfähigkeit des Gehirns, widersprüchliche Sinneseindrücke miteinander zu verbinden. Die Ergebnisse sollen nun helfen zu verstehen, wie die Einheit zwischen dem gefühlten Selbst und den physikalischen Grenzen des eigenen Körpers überhaupt zustande kommt und warum sie in Extremsituationen und bei Hirnschädigungen hin und wieder auseinanderbricht.

Henrik Ehrsson filmte seine Probanden von einem Punkt etwa zwei Meter hinter ihrem Rücken aus. Dann übertrug er die Bilder in Echtzeit auf Displays, die die Teilnehmer dicht vor ihren Augen trugen, so dass sie sich selbst aus der Kameraperspektive von hinten sahen. Anschließend berührte der Wissenschaftler mit zwei Plastikstiften gleichzeitig die tatsächliche Brust des Probanden ? ohne dass dieser es jedoch sah ? und die Brust des virtuellen Körpers, indem er den Stift auf einen Punkt unterhalb der Kamera zubewegte, an dem sich die Brust befinden müsste. Diese Kombination aus ungewöhnlicher Perspektive und gefühlter Berührung reichte aus, um bei den Testteilnehmern eine außerkörperliche Erfahrung hervorzurufen: Sie fühlten sich, als ob sie tatsächlich hinter ihrem Körper gesessen und ihn von dort aus beobachtet hätten, berichteten sie ? eine bizarre und faszinierende Erfahrung, die einige spontan zum Lachen brachte.

Demnach sind es hauptsächlich Sinneseindrücke, die normalerweise das Gefühl vermitteln, im eigenen Körper zu sein, schließt Ehrsson. Entscheidend dabei sei vor allem die visuelle Perspektive: „Wir fühlen, dass unser ‚Ich‘ dort lokalisiert ist, wo unsere Augen sind“, erklärt er. Kommen dann noch andere Sinnesreize hinzu, kann das Selbst-Bewusstsein von der körperlichen Position abgekoppelt werden. Allerdings entsprach die Illusion nicht ganz den außerkörperlichen Erfahrungen, von denen beispielsweise Schlaganfallpatienten, Drogenabhängige oder Menschen mit Nahtoderlebnissen berichten ? es fehlte etwa das Gefühl, den Körper verlassen zu haben. Die Versuche könnten jedoch einmal als Basis für ein System dienen, mit dem das Bewusstsein in einen anderen Körper hineinprojiziert werden kann.

In der gleichen Ausgabe der Zeitschrift „Science“ berichtet auch ein Team aus deutschen und Schweizer Forschern um Bigna Lenggenhager von der Polytechnischen Hochschule in Lausanne über einen ähnlichen Ansatz (S. 1096). Auch hier gelang es, das gefühlte Selbst von der Position des Körpers zu trennen, wenn auch die Illusion nicht ganz so ausgeprägt war.

Henrik Ehrsson (Karolinska-Institut, Stockholm): Science, Bd. 317, S. 1048 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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