wissenschaft.de: Herr Riedel, wie viele Arten haben Sie schon entdeckt?
Alexander Riedel: Eigentlich noch gar nicht so viele, etwa 300. Es wären bestimmt mehr, wenn das Publizieren nicht so zeitaufwändig wäre. In den Tropen gibt es immer noch mehr unbekannte Arten als bekannte. Von 99 Arten einer Trigonopterus-Gruppe, die ich gesammelt habe, waren 98 unbekannt.
Bekommen Sie da nicht Probleme mit der Namensgebung?
Das kommt darauf an. Wenn es sich um verschiedene Gattungen handelt, kann man den Artnamen mehrfach vergeben. Schwieriger wird es bei vielen Arten einer einzigen Gattung wie bei Trigonopterus, von der ich etwa 200 Arten beschrieben habe. Da hat man schon Probleme, neue Namen zu finden. Bei einigen Rüsselkäfern habe ich mir den Spaß erlaubt, Namen aus dem Telefonbuch von Papua-Neuguinea auf gut Glück herauszusuchen.
Gibt es auch Käferarten, die nach Ihnen benannt sind?
Nicht von Trigonopterus. Es ist verpönt, Arten nach sich selbst zu nennen. Aber manche Kollegen, denen ich Käfer mitgebracht habe, haben Arten nach mir benannt, freundlicherweise. Insgesamt sind es inzwischen etwa hundert.
Wie bestimmen Sie die Art von Käfern, die nur wenige Millimeter groß sind und sich kaum unterscheiden?
Es genügt nicht, nur das äußere Erscheinungsbild anzuschauen, wie es Wallace gemacht hat. Allerdings muss man sich wundern, wie die Forscher damals mit ihren schlechten Mikroskopen überhaupt so gute Beschreibungen liefern konnten. Wir untersuchen die DNA. Auch die Genitalien der Männchen sind sehr wichtig. Weil sie sich stark unterscheiden, sind sie ein guter Maßstab. Doch manchmal können die Genitalien auch täuschen, denn es gibt kryptische Arten, die in allen äußeren Merkmalen übereinstimmen, aber große Unterschiede in der DNA haben.
Wie kommen Sie an das Erbgut?
Nach dem Auseinanderziehen kommt das Tier in ein Enzymbad, wo die Muskulatur völlig aufgelöst wird und die DNA übrig bleibt. Dann lassen sich die Genitalien recht einfach herauslösen.
Welche Erkenntnisse gewinnen Sie aus dem Erbgut?
Zum einen bekommt man Hinweise, ob es sich um eine eigene Art handelt. Aus den Unterschieden der DNA verschiedener Käfer kann man aber auch auf Verwandtschaften und gemeinsame Vorfahren schließen und so einen Stammbaum erstellen. Der wiederum ermöglicht es, die Wanderrouten zu ermitteln, auf denen sich die Käfer während Jahrmillionen über den Archipel ausgebreitet haben, was ihre unterschiedliche Entwicklung erklärt.
Das Gespräch führte Klaus Jacob.
Das gesamte Interview mit Artikel erschien in bild der wissenschaft 02/16.