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Jupiter: Riesensturm als Heizung?

Astronomie|Physik

Jupiter: Riesensturm als Heizung?
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Turbulenzen über dem Großen Roten Fleck erzeugen Wellen, die die obere Atmosphäre des Jupiter aufheizen (Grafik: Karen Teramura/ UH IfA, James O'Donoghue)
Die obere Atmosphäre des Jupiter ist mehrere hundert Grad heißer als sie eigentlich sein dürfte, doch woher diese Wärme kommt, blieb bisher rätselhaft. Jetzt jedoch könnten Astronomen diese geheimnisvolle Wärmequelle ausfindig gemacht haben. Denn sie haben einen Wärme-Hotspot ausgerechnet über dem Großen Roten Fleck ausgemacht, dem gewaltigen Wirbelsturm des Jupiter. Ihre Vermutung: Die vom Sturm ausgelösten Turbulenzen könnten bis in die obere Atmosphäre reichen und dort für die mysteriöse Hitzeentwicklung sorgen.

Die Atmosphäre des Planeten Jupiter ist vor allem für ihre rasenden Stürme und Wolkenbänder bekannt – und den seit Jahrhunderten existierenden Großen Roten Fleck, einen gewaltigen stationären Wirbelsturm. Doch in mancher Hinsicht noch rätselhafter als diese Phänomene ist die obere Atmosphäre des Jupiter – die Zone rund 800 Kilometer oberhalb seiner dichten Wolkendecke. Denn die Gase in diesen Höhen sind gut 500 bis 1100 Grad heiß, auch wenn man diese Hitze wegen der extrem dünnen Verteilung der Gasatome nicht spüren würde. Aber woher stammt diese Wärme? Weil der Jupiter mehr als fünfmal weiter von der Sonne entfernt ist wie die Erde, kann die Sonneneinstrahlung nicht die Quelle dieser ungewöhnlichen Wärme sein. Es muss stattdessen eine andere Energiequelle für diese atmosphärische Heizung geben. Tatsächlich haben Forscher für die Polargebiete des Jupiter das Magnetfeld im Verdacht, weil dort die energiereichen Polarlichter für die nötige Hitze sorgen könnten. Für die ebenfalls zu warme Atmosphäre der mittleren und niedrigen Breiten jedoch kommt dieser Mechanismus nicht in Frage.

„Wenn die Wärme nicht von oben kommt und auch nicht vor Ort durch magnetosphärische Interaktionen erzeugt werden kann, dann muss die Lösung weiter unten liegen“, konstatiert Studienleiter James O’Donoghue von der Boston University. Er und seine Kollegen entwickelten daher eine Methode, mit der sie die Wärmeverteilung der oberen Atmosphäre über den gesamten Planten hinweg erfassen konnten. Dafür richteten sie das SpeX-Spektrometer der Infrared Telescope Facility der NASA auf Hawaii eine ganze Nacht lang auf den Jupiter. Dabei stellten sie das Spektrometer so ein, dass sein Aufnahmeschlitz genau in der Rotationsachse des Planeten lag. Dadurch drehte sich der Gasriese im Verlauf seines neun Stunden und 56 Minuten dauernden Tages einmal komplett unter dem Spektrometer hindurch. Als Ergebnis erhielten die Astronomen eine komplette Karte der Wärmeverteilung von Jupiters oberer Atmosphäre, die – wie erwartet – ein Hitzegefälle von den Polen zum Äquator zeigte. Dieses Gefälle spiegelt die magnetische Heizwirkung der Polarlichter wider.

Hotspot über dem Großen Roten Fleck

Doch neben diesem Gradienten entdeckten die Astronomen noch eine Auffälligkeit in ihrer Hitzekarte: Einige hundert Kilometer über dem Großen Roten Fleck lag ein Hotspot, in dem die Temperaturen der oberen Atmosphäre mehr als 1300 Grad erreichten. Dieses Gebiet war damit einige hundert Grad wärmer als der Rest der Jupiteratmosphäre und sogar wärmer als die heißen Polargebiete. „Wir konnten sofort erkennen, dass unsere höchsten Temperaturen über dem Großen Roten Fleck lagen – aber war dies ein seltsamer Zufall oder ein entscheidender Hinweis?“, berichtet O’Donoghue. Nach Ansicht der Forscher musste mehr dahinterstecken als Zufall, immerhin ist der Große Rote Fleck der größte Sturm des gesamten Sonnensystems. Mit über 22.000 Kilometern Länge und 12.000 Kilometern Breite ist er groß genug, um drei Erden in sich aufzunehmen. Durch seine Größe und rote Farbe ist er so auffällig, dass Astronomen ihn schon vor mehr als 300 Jahren mit ihren einfachen Teleskopen sehen konnten. Bisher allerdings deutet nichts darauf hin, dass der Einfluss dieses Sturmgiganten bis in die obere Atmosphäre reichen könnte – immerhin eine Zone, die hunderte Kilometer über seinen oberen Ausläufern liegt.

„Der Große Rote Fleck ist eine gewaltige Quelle der Energie, aber wir hatten bisher keine Belege dafür, dass er tatsächlich einen Effekt auf die Temperaturen in großer Höhe haben könnte“, sagt Koautor Luke Moore von der Boston University. Die neuen Messdaten jedoch liefern nun erste Indizien. „Dieser Hotspot muss von unten beheizt werden und dies wiederum ist ein starker Hinweis auf eine Kopplung von unterer und oberer Atmosphäre des Jupiter“, erklären die Forscher. „Ein solcher Energietransfer von unten nach oben wurde zwar schon in Modellen simuliert, aber noch nie direkt beobachtet.“ Nach diesen Modellen könnte der Wirbelsturm indirekt als Atmosphärenheizung wirken, indem er Turbulenzen über seiner Wolkendecke hervorruft und verstärkt. Wenn diese wellenförmigen Turbulenzen vertikal nach oben aufsteigen, übertragen sie die in ihnen gespeicherte Energie als Wärme an die obere Atmosphäre. Dieser Wärmetransfer könnte nach Ansicht der Forscher nicht nur über extremen Stürmen wie dem Großen Roten Fleck stattfinden, sondern in wesentlich geringerem Maße auch über anderen, kleineren Stürmen in der Jupiteratmosphäre.

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Sollte sich dies bestätigen, dann hätten die Wissenschaftler einen neuen Mechanismus der planetaren Atmosphärenheizung nachgewiesen – und möglicherweise eine Lösung für das Rätsel der „zu heißen“ Gashülle des Jupiter gefunden. Und nicht nur das: Auch bei den anderen Planeten im äußeren Sonnensystem – Saturn, Uranus und Neptun – haben Messungen einen ähnlichen Wärmeüberschuss in großer Höhe registriert. Weil es auch auf diesen Planten starke Stürme gibt, könnte auch bei ihnen dieser Mechanismus eine Erklärung dafür liefern.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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