Buckelwal, Finnwal… und schließlich der Rekord-Gigant – der Blauwal: Die Vertreter der Furchenwale sind die größten Lebewesen, die jemals auf der Erde existiert haben. Die Entwicklung ihrer Körpermasse von über 160 Tonnen wird von einer spektakulären Ernährungsweise gespeist: Die Riesen schwimmen in Schwärme von Meerestieren, öffnen dabei das Maul und saugen so gigantische Wassermassen samt Beute in ihren sich ausdehnenden Kehlsack. Anschließend drücken sie mit ihrer Zunge den Inhalt des geschlossenen Mauls durch die sogenannten Barten, die wie ein Sieb die Nahrung herausfiltern. Danach kann der Wal den Fang herunterschlucken.
Wie läuft der Beutezug ab?
„Die Wale sind in der Lage, ein Volumen aufzunehmen, das das ihres eigenen Körpers übertrifft. Im Fall eines großen Blauwals entspricht dies dem Volumen eines großen Swimmingpools oder eines Schulbusses – und dies nehmen sie in wenigen Sekunden auf“, sagt Jeremy Goldbogen von der Stanford University. „Dieses Konzept der Nahrungsaufnahme basiert auf einer Reihe von komplexen biomechanischen und anatomischen Anpassungen“, betont der Biologe.
Da es sich um ein enorm energieaufwendiges Verfahren handelt, müssen die Abläufe optimal eingestellt sein. Bisher gab es in diesem Zusammenhang Unklarheiten dazu, wie die Tiere ihre Schwimmgeschwindigkeit und das Öffnen des Maules beim Beutezug koordinieren. Um die Details zu untersuchen, haben Goldbogen und seine Kollegen Blauwale und Buckelwale mit speziellen Sensoren und Videokameras ausgerüstet. Festgesaugt am Rücken der Tiere waren diese beim Fressen live dabei und konnten dadurch exakte Daten sammeln.
An die Beute angepasst
Die Forscher fanden heraus, dass Wale, die Jagd auf Schwärme der zentimetergroßen Krebschen (Krill) machen, einem klaren Aktivitätsmuster folgen: Sie beschleunigen und öffnen ihr Maul dann bei der Spitzengeschwindigkeit von bis zu vier Metern pro Sekunde. Danach verlangsamen sie sich durch den enormen Wasserwiderstand, bis sie ihr Maul schließen, wenn sie wieder Normalgeschwindigkeit erreichen. Dies entspricht einem energetisch besonders ökonomischen Vorgehen im Rahmen des Fangverhaltens.
Doch offenbar halten sich Buckelwale manchmal nicht an diesen Optimal-Ablauf, berichten die Forscher. Diese Wale jagen neben Krill auch gelegentlich Fische. Dabei passen sie den Öffnungsprozess offenbar flexibel an. Den Forschern zufolge reagieren sie damit auf das vergleichsweise agile Fluchtverhalten der Fische im Vergleich zu Krill. Um sie besser zu erwischen, koordinieren die Buckelwale ihre Geschwindigkeit und Maulöffnung auch teilweise in energetisch nicht optimaler Weise. Wenn ihnen jedoch dadurch ein besonders großer Happen gelingt, lohnt sich der Aufwand unterm Strich, erklären die Forscher.
Ihnen zufolge können Untersuchungen über die Ernährungsstrategien der Meeresgiganten auch zu ihrem Schutz beitragen. Die Ergebnisse verdeutlichen in jedem Fall: „Da diese Tiere bei ihrer Ernährungsweise energetisch betrachtet auf Messers Schneide agieren, können alle Änderungen in ihrer Umwelt, die mit der Nahrungsversorgung zu tun haben, die Gesundheit von Einzeltieren und ganzen Populationen stark beeinflussen“, sagt Goldbogen.
Dieses Video nimmt den Zuschauer mit zu einem „Ritt“ auf dem Rücken eines fressenden Wales. Credit: Video by Kurt Hickman