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In der Röhre stecken geblieben

Technik|Digitales

In der Röhre stecken geblieben
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Untersuchungen an Mäusen sollen belegen, dass die neue Röntgenmethode bessere Diagnosen bei Lungen- und Herzkrankheiten ermöglicht. Hier im Bild ist eine Lunge mit verhärtetem Bindegewebe zu sehen. (Foto: F. Pfeiffer/TUM)
Computertomografen, die mit dem detailreichen Phasenkontrast-Verfahren arbeiten, sind noch nicht in der Praxis angekommen. Leseprobe aus bild der wissenschaft 11/2016

Klassisches Röntgen basiert darauf, dass die Strahlung zum Beispiel von Knochen stärker geschluckt wird als von weniger dichtem Gewebe. Das Verfahren, das bild der wissenschaft im Oktoberheft 2009 vorstellte ( „Die Röntgen-Revolution“), nutzt dagegen, dass sich die Ausbreitungsrichtung des Röntgenlichts ändert, wenn es einen Körperteil durchdringt.

Zwei Physiker vom schweizerischen Paul-Scherrer-Institut hatten dieses Phasenkontrast-Verfahren entwickelt und damit aufsehenerregend detailreiche Bilder etwa von Herz und Gehirn toter Ratten produziert. Allerdings hatten sie dabei das „Super-Röntgenlicht“ eines speziellen Teilchenbeschleunigers verwendet. Die Forscher und ihr Industriepartner Siemens waren damals zuversichtlich, auch mit normalen Röntgenröhren zum Ziel zu kommen und die sogenannte Phasenkontrast-Technologie fit für den Routine-Einsatz im Krankenhaus machen zu können. Zitat eines Siemens-Verantwortlichen: „Wenn alles optimal läuft, werden wir in drei Jahren den ersten Prototyp eines Phasenkontrast-Computertomografie-Geräts für die klinische Anwendung haben.“

Heute, etwa vier Jahre nach dem avisierten Termin, sagt Thomas Mertelmeier, Experte von Siemens Healthcare: „Wir haben feststellen müssen, dass mit den gegenwärtig und mittelfristig verfügbaren Röntgenquellen Zusatzinformationen in Ganzkörper-Computertomografen nur mit inakzeptabel hohen Röntgendosen gewonnen werden können.“ Beim herkömmlichen Röntgen sei der Einsatz der Phasenkontrast-Bildgebung dagegen nach wie vor aussichtsreich. Allerdings, so Mertelmeier: „Bis ein Phasenkontrast-Gerät auf den Markt kommt, das eine adäquate Qualität und Reife besitzt, ­werden noch mindestens fünf Jahre vergehen.“

Bestehende Herausforderungen

Wo es noch hapert, erläutert Franz Pfeiffer, einer der beiden Väter des Verfahrens: „Die mikrostrukturierten Gitter, die man für Phasenkontrast-Geräte braucht, sind bislang nicht kostengünstig und nicht in einer Größe herstellbar, die großflächige Abbildungen ermöglicht.“ Andererseits gebe es Einsatzbereiche der Technologie, in denen kleine Gitter und relativ energiearme Röntgenstrahlung ausreichen. Ein Beispiel dafür sei die Mammografie zur Brustkrebs-Früherkennung. Der Hersteller Konica Minolta bietet ein entsprechendes Gerät kommerziell an.

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Pfeiffer, der inzwischen Professor an der Technischen Universität München ist, arbeitet eng mit Medizinern zusammen, um durch Untersuchungen an Gewebeschnitten und Tieren den Mehrwert seiner Methode beispielsweise für die Diagnose von Lungen- und Herzerkrankungen zu belegen. Er räumt ein: „Der Weg in die Klinik ist länger, als man ursprünglich gedacht hat.“

Dabei wandeln Siemens und Pfeiffer inzwischen auf getrennten Pfaden. Zu den Gründen halten sich die beiden ­Ex-Partner bedeckt: Man habe bei der Phasenkontrast-Bildgebung viel eigenes technisches Know-how aufgebaut, lässt der Konzern wissen. Pfeiffer sagt, dass er sich und seine universitäre Arbeitsgruppe nicht exklusiv an ein Unternehmen und dessen Geheimhaltungsklauseln binden möchte.

© wissenschaft.de – Frank Frick
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