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Die Physik-Durchbrüche des Jahres

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Die Physik-Durchbrüche des Jahres
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Proxima Centauri b, Gravitationswellen und ein Mini-Gravimeter gehören zu den Top Ten der Physik 2016 (Fotos: ESO/M. Kornmesser, LIGO/NSF, Giles Hammond)
Was waren in diesem Jahr die wichtigsten Errungenschaften und Entdeckungen in der Welt der Physik? Die zehn Highlights des Jahres kürt jedes Jahr das Magazin „Physics World“. In diesem Jahr ist der unangefochtene Durchbruch des Jahres 2016 der Nachweis der Gravitationswellen durch die LIGO-Detektoren. Unter den Top Ten sind aber auch der Erdzwilling um unseren Nachbarstern Proxima Centauri, eine doppelte Schrödingers Katze und ein Gravimeter im Miniaturformat.

In jedem Jahr küren die Herausgeber des Magazins „Physics World“ die Top 10 der physikalischen Errungenschaften und wählen eine davon zum Durchbruch des Jahres. Kriterien für die Auswahl: Die Arbeit muss bedeutend sein, das Wissen signifikant voranbringen, eine starke Verbindung zwischen Theorie und Experiment zeigen und von allgemeinem Interesse für alle Physiker sein, heißt es. 2014 wurde die Rosetta-Mission zum Durchbruch des Jahres gekürt, 2015 war die Quantenteleportation von zwei Merkmalen gleichzeitig das Jahres-Highlight. Jetzt hat das Magazin die Highlights für 2016 verkündet.

Gravitationswellen als Durchbruch des Jahres

Als physikalische Errungenschaft des Jahres wurde der Nachweis von Gravitationswellen durch die Detektoren des Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory (LIGO) gewählt. Als die Forscher der LIGO-Kollaboration am 11. Februar 2016 berichteten, dass sie erstmals Gravitationswellen detektiert hatten, war dies eine absolute Weltsensation. Denn fast genau 100 Jahre nachdem Albert Einstein als erster die Existenz solcher Erschütterungen der Raumzeit postuliert hatte, waren sie nun endlich bewiesen. Verursacht wurden die bereits am 14. September 2015 eingefangenen Gravitationswellen durch die Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher in 1,3 Milliarden Lichtjahren Entfernung. Ihr Todestanz setzte Energie frei, die sich als „Rippel“ in der Raumzeit ausbreiteten. Bei den sensiblen Laser-Interferometern der beiden LIGO-Detektoren führten diese winzigen Stauchungen und Dehnungen der Raumzeit dazu, dass sich die Strahllängen um ein winziges Bisschen veränderten – so gelang der Nachweis. Dass dies kein Einzelfall oder gar Messfehler ist, bewies der im Juni 2016 verkündete zweite Nachweis von Gravitationswellen durch LIGO. Wie die Forscher berichteten, hatten ihre Detektoren am 25. Dezember 2015 erneut angeschlagen. Wieder stammten die Signale von zwei verschmelzenden Schwarzen Löchern, diesmal im rund 1,4 Milliarden Lichtjahren Entfernung.

„LIGO hat damit unsere Sicht auf das Universum verändert“, begründen die Herausgeber der „Physics World“ ihre Entscheidung. Denn die Detektion der Gravitationswellen beweist, dass es stellare Schwarze Löcher gibt und dass sie häufiger als gedacht in Paaren vorkommen. Auch wie ihre Verschmelzung abläuft, lässt sich durch die Raumzeit-Erschütterungen erstmals direkt mitverfolgen. „Mit dieser Entdeckung begeben wir Menschen uns auf ein wundervolles neues Abenteuer: Die Erforschung der verbeulten Seite des Universums – Objekte und Phänomene, die auf verzerrter, schwingender Raumzeit beruhen“, erklärt LIGO-Mitgründer Kip Thorne vom California Institute of Technology bereits beim ersten Nachweis der Gravitationswellen im Februar 2016. Wegen der Bedeutung dieser Entdeckung hätten viele erwartet, dass es dafür den Physik-Nobelpreis gibt, doch das Nobelpreiskomitee entschied anders – möglicherweise, weil sie nicht wussten, wie sie den Preis gerecht auf die Beteiligten aufteilen sollen.

Erdzwilling, Schrödingers Katze und Quantenfluktuationen

Doch die Gravitationswellen waren nicht die einzigen bedeutenden physikalischen Entdeckungen und Errungenschaften des Jahres. Die Spannbreite der neun weiteren Top-Durchbrüche reicht von der Welt der kleinsten Teilchen bis ins All hinaus. Traditionell werden sie nicht in eine Rangliste geordnet, sondern in willkürlicher Reihenfolge vorgestellt. Ebenfalls für weltweite Schlagzeilen sorgte im August 2016 die Nachricht von einem erdähnlichen Planeten in unserer unmittelbaren Nachbarschaft: Der potenzielle Erdzwilling liegt nur rund vier Lichtjahre von uns entfernt und umkreist unseren Nachbarstern Proxima Centauri in der habitablen Zone. Ob er tatsächlich lebensfreundlich ist, müssen weitere Studien zeigen. Der Planet wäre aber sicher ein potenzielles Ziel für extrasolare Missionen der fernen Zukunft.

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Eines der weiteren Highlights der Physik 2016 ist eine doppelte Ausgabe von Schrödingers Katze. Das bekannte Gedankenexperiment illustriert das quantenphysikalische Phänomen der Überlagerung: Solange man die Box mit der Katze und dem Gift nicht öffnet, weiß man nicht, ob sie lebt oder tot ist – sie ist damit im Prinzip beides. US-Physiker haben im Mai 2016 erstmals eine solche „Katze“ vorgestellt, die in zwei Kästen gleichzeitig lebendig oder tot ist. Sie bestand aus zwei räumlich getrennten, aber miteinander verschränkten Photonengruppen. Ihr Quantenzustand wird damit von beiden Kavitäten geteilt. Ebenfalls um Quantenphysik geht es bei einem weiteren Highlight: Forschern ist es erstmals gelungen, die spontane Bildung von Paaren aus Teilchen und ihren Antiteilchen in einem Quantensimulator nachzubilden. Dieses System aus vier gefangenen Ionen bewies, dass im Vakuum tatsächlich kurzlebige Paare aus virtuellen Teilchen und Antiteilchen entstehen können, wie es die Quantentheorie postuliert. Zu den Top Ten der Physik 2016 wurde auch ein von zwei Teams parallel erreichter Durchbruch gekürt: Die erste Verschränkung von verschiedenartigen Atomen. Einer Forschergruppe gelang dies mit zwei verschiedenen Isotopen des Calciums, einer weitere mit Beryllium und Magnesium.

Mini-Gravimeter, Atommotor und Kombi-Mikroskop

Im April 2016 sorgten britische Forscher mit einem weiteren Durchbruch für Aufsehen: Sie hatten das erste Gravimeter im Mikromaßstab konstruiert. Der winzige Schwerefeld-Sensor ist nur 15 Millimeter groß und 25 Milligramm schwer. Trotzdem registriert er selbst geringe Schwankungen der Erdbeschleunigung, ohne sich durch Alltagserschütterungen stören zu lassen. Der kleine und billige Sensor könnte daher ganz neue Anwendungen ermöglichen. Ebenfalls praktischen Nutzen könnte der erste Nachweis eines atomaren Übergangs beim Element Thorium-229 haben. Deutsche Physiker haben diese lange theoretisch vorhergesagte Veränderung des Quantenzustands im Mai 2016 im Experiment bestätigt. Das könnte den Weg zu neuen, stabileren und hochpräzisen Atomuhren ebnen. Ebenfalls im Bereich der Atome liegt die Errungenschaft von Mainzer Physikern: Sie erzeugten einen Motor aus nur einem Atom. Angetrieben durch elektrische Felder und Wärme bewegte sich dieses Calcium-Atom wie ein Miniaturkolben.

Ebenfalls unter den Top Ten der Physik: Britische Forscher stellten im Oktober eine neuartige Mikroskoplinse vor, die eine hohe Auflösung mit einem großen Gesichtsfeld verbindet. Diese „Mesolinse“ erweitert damit die Möglichkeiten der konfokalen Laser-Mikroskopie. Denn mit ihr lassen sich beispielsweise komplette biologische Proben wie ein Mausembryo in subzellulärer Auflösung betrachten. Ebenfalls im Oktober 2016 gab es eine neue Erkenntnis über das „Wundermaterial“ Graphen. Eine Forschergruppe hat erstmals beobachtet, dass Elektronenstrahlen im Graphen eine negative Brechung erfahren können. Sie werden an der Grenze zweier unterschiedlicher mit Fremdatomen dotierter Zonen sozusagen „rückwärts“ gebrochen – ähnlich wie Licht in bestimmten Metamaterialien. Dies könnte zu neuen Anwendungen in der Elektronik führen.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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