Seit mehr als drei Jahrzehnten ist es Tradition: Im Dezember veröffentlich das Wissenschafts-Magazin British Medical Journal (BMJ) wissenschaftliche Ergebnisse, die sich auf humorvolle Weise mit weihnachtlichen Themen beschäftigen, aber dennoch wissenschaftlich fundiert sind, sowie ernsthaften Hintergrund besitzen. Im aktuellen Fall hat ein Forscherteam eine angeblich charakteristische Vorliebe des Weihnachtsmanns auf die Schippe genommen: Braven Kindern bringt er Geschenke, unartige gehen hingegen leer aus. „Unsere Studie ist die erste, die diesen Mythos wissenschaftlich entzaubert“, so die Autoren. Der Besuch des Weihnachtsmanns hat demnach nichts mit dem Verhalten der Kinder zu tun. In Wahrheit spielt die sozio-ökonomische Benachteiligung eine größere Rolle für die Wahrscheinlichkeit eines Besuchs, dokumentieren die Wissenschaftler.
Dem Weihnachtsmann auf der Spur
Für ihre Studie sind die Forscher Faktoren nachgegangen, die beeinflussen, ob der Weihnachtsmann bestimmte Kinderstationen der britischen Krankenhäuser besucht. Auch in Deutschland stehen diese Einrichtungen häufig auf dem „dichten“ Terminkalender des Weihnachtsmanns. Real handelt es sich natürlich um Darsteller, die für diese Rolle engagiert werden, um den Kindern eine Freude zu machen.
Zunächst ermittelten die Forscher, ob Weihnachten 2015 ein Weihnachtsmann in einer bestimmten Einrichtung erschienen ist. Anschließend erfassten sie den Grad der „Bravheit“ der Kinder in den jeweiligen Kinder- und Jugend-Abteilungen. Kriterien waren dabei: Wie oft hatten die 10- bis 17-Jährigen in der Schule unerlaubt gefehlt oder waren durch sonstiges Problemverhalten auffällig geworden. Außerdem erfassten sie den sozio-ökonomischen Hintergrund der Patienten beziehungsweise des Milieus, dem die Einrichtung zuzuordnen ist.
Von wegen Vorliebe für brave Kinder
Die statistischen Auswertungen ergaben: Es zeichnete sich kein Zusammenhang ab, der vermuten ließe, dass sich der Weihnachtsmann bei seinem Besuch an der Qualität des Verhaltens der Kinder und Jugendlichen orientierte. Auch die Entfernung der jeweiligen Einrichtung zum Nordpol hatte keinen Effekt, betonen die Forscher mit einem Augenzwinkern. Was sich aber klar abzeichnete: Kinderstationen mit sozial benachteiligtem Hintergrund stattete der Weihnachtsmann deutlich seltener einen Besuch ab als solchen, die typisch für bessergestellte Gesellschaftsschichten sind.
„Dies spricht für die Notwendigkeit von Strategien und Maßnahmen der sozialen und wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten in Großbritannien und weltweit entgegenzutreten“, sagt Co-Autor John Park von der Harvard T.H. Chan School of Public Health. Er rundet sein Resümee aber auch mit einer humorvollen Bemerkung ab: „Normalerweise würden wir hoffen, dass unserer Studie die größtmögliche öffentliche Aufmerksamkeit erreicht. Doch in diesem Fall raten wir zur Vorsicht, die Ergebnisse vor Kindern zu diskutieren“, sagt Park. Da aus der Studie die Botschaft „brav sein ist nicht nötig“ hervorgeht, könnte es zu einer „Welle an schlechtem Kinder-Verhalten kommen“, so der Wissenschaftler.