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Meer ohne Sauerstoff

Allgemein

Meer ohne Sauerstoff
Der Ur-Ozean konnte womöglich erst zu Beginn des Erdzeitalters Kambrium richtig durchatmen.

Die Evolution brachte die ersten Meereslebewesen nach gängiger Lehrmeinung vor 580 Millionen Jahren hervor. Innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit entwikkelten sich zu Beginn des Kambriums unzählige neue, höhere Lebensformen. Der Grund, so die Wissenschaftler: Der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre und im Meer stieg an. Nicht einig sind sie sich jedoch, ob diese Sauerstoffanreicherung im Meer die erste in der Erdgeschichte war, wie es jetzt der Biologe Donald Canfield von der Universität Odense in Dänemark behauptet.

Denn es gibt ein wichtiges Indiz dafür, daß bereits vor zwei Milliarden Jahren der Sauerstoffgehalt in der Tiefsee deutlich angestiegen war: Bis dahin lagerte sich Eisen(III)oxid auf dem Meeresboden ab, das durch die Reaktion von im Wasser gelösten Eisen mit geringen Mengen Sauerstoff entstand. Doch dann endete die Ablagerung abrupt. Die landläufige Erklärung dafür: Ein starker Anstieg der Sauerstoffkonzentration beschleunigte die Oxidation so, daß das gesamte Eisen im Ozean in verhältnismäßig kurzer Zeit aufgebraucht war.

Gleichzeitig muß sich die Atmosphäre mit Sauerstoff angereichert haben. Sonst wären weiterhin lösliche Eisenverbindungen aus den kontinentalen Gesteinen herausgewaschen und ins Meer transportiert worden. Mit dem Sauerstoff der Luft verband sich das Eisen aber bereits an Land zum Eisenoxid und gelangte nicht mehr ins Meer.

Im Gegensatz dazu ist der dänische Biologe Canfield überzeugt, daß sich vor zwei Milliarden Jahren nicht genug Sauerstoff in der Atmosphäre befand, um den zu ersetzen, der bei der Verwesung organischer Substanzen im Meer verbraucht wurde. Er stützt seine Auffassung auf eine Abschätzung der damals im Meer verfügbaren Nährstoffe: Danach hätte die Sauerstoffkonzentration in der Atmosphäre zwei- bis dreifach so hoch sein müssen wie heute. Nur dann hätte sich das Meer mit Sauerstoff anreichern können.

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Canfield macht für das plötzliche Ende der Eisenoxidablagerungen Schwefelwasserstoff verantwortlich, der sich mit dem freien Eisen zum unlöslichen Eisensulfid verband. Schwefelwasserstoff ist ein Ausscheidungsprodukt von „Sulfat-Atmern“. Diese Bakterien decken ihren Sauerstoffbedarf aus Sulfaten – Verbindungen von Schwefel mit Sauerstoff. Nach Auffassung Canfields hatte die Sauerstoffzunahme in der Atmosphäre zur Folge, daß sich die Sulfat- Atmer im Meer stark vermehrten, weil nun Mineralsulfide auf den Kontinenten oxidierten und als Sulfate ins Meer geschwemmt wurden.

Der dänische Biologe beruft sich auf Schwefelisotopmessungen an Sedimentgesteinen, die aus dem Proterozoikum – dem Zeitalter vor dem Kambrium – stammen und die in den USA, Norwegen, Australien und am Schwarzen Meer gefunden wurden. Weil verschiedene Schwefelisotope unterschiedlich schnell reagieren, können Wissenschaftler aus ihrer prozentualen Verteilung im Sedimentgestein schließen, welche chemischen Reaktionen abgelaufen sein müssen.

Noch allerdings sind bisher zu wenige solcher Sedimente aus dem Proterozoikum gefunden worden, um ein endgültiges Urteil für oder gegen Canfields These zu fällen.

Jedoch hat seine Theorie einen Vorzug: Sie würde das Rätsel lösen, warum die Evolution von den ersten Einzellern mit Zellkern bis zu den ersten größeren Meerestieren mehr als eine Milliarde Jahre brauchte, dann aber zu Beginn des Kambriums explodierte: Bis dahin fehlte im urzeitlichen Ozean einfach der Sauerstoff.

Axel Tillemanns

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