Abgesehen von den Propeller-getriebenen Drohnen, hat sich die Flug-Roboter-Technik bisher vor allem am Vorbild der Vögel und fliegenden Insekten orientiert. Doch neben diesen Flugspezialisten gibt es bekanntlich noch eine weitere Gruppe von Luftakrobaten: die Fledertiere. Im Laufe ihrer Evolution haben diese Säugetiere ganz eigene Patente der Flugtechnik entwickelt, die ihnen vor allem eine Fähigkeit verleihen: Wendigkeit im Flug. Da viele Fledermausarten Nachtinsekten direkt aus der Luft fangen, ist diese Fähigkeit für sie besonders wichtig. Das Geheimnis ihrer Agilität ist dabei die feine Beweglichkeit ihrer hauchdünnen Hautflügel. Durch 40 Gelenke, feine Muskeln und raffinierte Koordinationsfähigkeiten können sich die flatternden Gesellen präzise durch die Luft bewegen.
Naturpatente technisch umgesetzt
Diese Meister der Flugtechnik sind das große Vorbild der Forscher um Alireza Ramezani von der University of Illinois in Urbana-Champaign. Es gab zwar bereits Versuche, den Flatterflug der Fledermäuse technisch umzusetzen. Die bisherigen Modelle konnten aber die enorme Beweglichkeit des natürlichen Vorbildes nur schlecht imitieren. Der neue Fledermaus-Roboter von Ramezani und seinen Kollegen kommt dem natürlichen Original nun deutlich näher.
Ihr Prototyp wiegt nur 93 Gramm. Sein Gerüst bildet ein leichtes Kohlefaser-Skelett mit Kugelgelenkstrukturen aus dem 3D-Drucker. Alle 40 Gelenke von Fledermäusen kopierten die Forscher allerdings nicht – sie reduzierten sie auf die wichtigsten. Die Flughaut ahmten sie durch eine flexible Membran aus Silikon nach, die das Kohlefaser-Skelett überspannt. Die Funktion der Muskulatur der Fledermaus übernimmt beim Bat Bot ein System aus feinen Mikromotoren, die für die Bewegungen sorgen.
Das Techno-Flattertier zeigt, was es kann
Das Gehirn beziehungsweise Nervensystem der Fledermaus, das für die komplexe Flugsteuerung verantwortlich ist, wird bei der technischen Umsetzung durch einen Mikroprozessor an Bord des Techno-Flattertieres ersetzt. Informationen erhält dieser Bordcomputer von einem System aus Sensoren, welche die Bewegungen und die Lage in der Luft erfassen. Auf diese Weise ausgerüstet, ist der Flug-Roboter in der Lage, selbstständig zu fliegen und komplexe Flugmanöver durchzuführen, wie beispielsweise scharfe Kurven oder Sturzflüge. Noch scheint einiges an Entwicklungsarbeit nötig, um aus dem Prototypen einen ernsthaften Konkurrenten des Originals zu machen, aber die bisherigen Ergebnisse sind dennoch beeindruckend.
Was die Anwendungsmöglichkeiten betrifft, heben die Forscher vor allem die Sanftheit von Fledermaus-Robotern hervor. Bisher werden Drohnen durch starre Propeller bewegt, die wie Messer durch die Luft schneiden. Ein Flugroboter mit weichen Flügeln könnte hingegen angenehmer und sicherer im direkten Kontakt mit Menschen sein, sagen die Wissenschaftler. Außerdem wären sie bei einer eventuellen Kollision mit einem Hindernis möglicherweise weniger empfindlich. Wie Ramezani und seine Kollegen betonen, dient ihre Arbeit allerdings nicht nur dem technischen Fortschritt, sondern auch der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung: Ihre Imitationsversuche liefern Einblicke in die raffinierten Patente der Meister der Lüfte – der Fledermäuse.