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Wurzeln der Pferderassen liegen im Orient

Erde|Umwelt

Wurzeln der Pferderassen liegen im Orient
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Auch dieser Lipizzaner-Hengst stammt von orientalischen Stammvätern ab. (Foto: Spanische Hofreitschule Wien)
Das Pferd begleitet uns Menschen schon seit Jahrtausenden und prägte viele unserer frühen Kulturen. Doch wann die heutigen Pferderassen entstanden und wo genau ihre Ursprünge liegen, war bisher nur in Teilen geklärt. Jetzt zeigt sich: Nahezu alle modernen Pferderassen gehen auf nur wenige Stammväter zurück – und diese Hengste stammten alle aus dem Orient. Entgegen bisherigen Annahmen handelte es sich dabei jedoch nicht nur um Araber. Überraschend auch: Die väterlichen Abstammungslinien der heutigen Pferderassen trennten sich erst vor rund 700 Jahren.

Unsere Vorfahren erkannten schon früh den Nutzen der Pferde: Bereits vor rund 55000 Jahren, begannen Menschen in Zentralasien, erste Wildpferde zu domestizieren und sie als Reittiere und Milchlieferanten einzusetzen. Das belegen archäologische Funde von ledernen Zügeln und Gebissen in Kasachstan. Im Laufe der Geschichte breiteten sich die Hauspferde über die gesamte Welt aus. Durch gezielte Zucht entstanden dabei ganz unterschiedliche Pferderassen – angepasst an das Ziehen schwerer Lasten, das ausdauernde Tragen eines Reiters oder den schnellen Galopp. Wie diese Rassen miteinander zusammenhängen und wann sie entstanden, versuchen Forscher heute mithilfe von Genanalysen herauszufinden. Untersuchungen auf Basis der mitochondrialen DNA haben dabei bereits enthüllt, dass Pferde eine große Vielfalt weiblicher Abstammungslinien besitzen.

Doch die Entwicklung auf der Seite der Hengste ist weniger leicht herauszufinden. Denn die Genvielfalt des dafür nötigen Y-Geschlechtschromosoms ist bereits seit der Domestikation stark verarmt. Die spätere Vererbungsgeschichte lässt sich daher nur an wenigen, kleinen DNA-Veränderungen ablesen. Genau diese Rekonstruktion der männlichen Stammeslinie ist nun Barbara Wallner von der Veterinärmedizinischen Universität Wien und ihren Kollegen gelungen. Für ihre Studie analysierten sie die Y-Chromosomen von 50 Hengsten aus 21 Pferderassen mithilfe modernster Sequenziertechnik. Dadurch konnten sie die Verwandtschaftsverhältnisse der modernen Pferderassen über die väterliche Linie und ihre Urväter erstmals genauer bestimmen.

Wenige Hengste als Stammväter

Das überraschende Ergebnis: Obwohl die Domestikation der Pferde schon mehr als 5000 Jahre zurückliegt, sind die meisten modernen Pferderassen nicht mehr als 700 Jahre alt. Nur die Islandpferde, Fjordpferde und Shetland-Ponys haben einen gemeinsamen, älteren Ursprung. Die restlichen Pferde jedoch, vom Lipizzaner über Trakehner und andere Warmblüter bis hin zum Süddeutschen Kaltblut gehen auf nur eine Handvoll von Stammvätern zurück, die ursprünglich aus dem Orient stammten und erst im Laufe der letzten Jahrhunderte für die Zucht genutzt wurden. „Während dieser Periode wurden Zuchtkonzepte populär, die gezielte Inzucht und die Zucht bestimmter Linien beinhalteten“, erklären die Forscher. „Diese Strategien haben die gesamte Pferdepopulation beeinflusst.“

Als die Forscher die Herkunft der Stammesväter der meisten Pferderassen näher untersuchten, fanden sie Überraschendes. Zunächst zeigte sich wie erwartet, dass das Englische Vollblut und alle von ihm abgeleiteten und mit ihm veredelten Rassen größtenteils auf einige wenige Araberhengste zurückgehen. Doch es gab bei einigen Vollblütern und auch anderen Pferderassen wie den Lipizzanern, auch eine Gensignatur, die nicht von Arabern stammte. „Keine der klassischen, für die Veredlung eingesetzten Pferderassen wie die Araber, Spanier oder Berber trugen diese Gensignatur“, berichten Wallner und ihre Kollegen. Woher aber stammte sie?

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Die Antwort lieferte ein Vergleich mit dem Erbgut der Achal-Tekkiner, einer von zentralasiatischen Steppenpferden abstammenden Pferderasse. Übereinstimmungen sprechen dafür, dass einige Hengste dieser Herkunft auch bei der Zucht des Englischen Vollbluts und verschiedener Warmblüter eingesetzt wurden – möglicherweise irrtümlich. „Das könnte die Unfähigkeit einiger europäischer Pferdezüchter widerspiegeln, echte Araberhengste auf den orientalischen Pferdemärkten des 19. Jahrhundert korrekt zu identifizieren“, sagen die Forscher. Als Folge wurden den Züchtern angebliche Araberhengste angedreht, die in Wirklichkeit zu den turkmenischen Pferden gehörten.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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