Sie gelten als vergleichsweise simple Wesen mit winzigen Gehirnen – doch in den letzten Jahren haben Studien zunehmend verdeutlicht, zu welch komplexen kognitiven Leistungen auch einige Vertreter der Insekten fähig sind. Vor allem die Hummel hat in Studien Köpfchen bewiesen: Die pummelige Cousine der Honigbiene ist demnach erstaunlich lernfähig und besitzt komplexe Fähigkeiten. Frühere Studien haben bereits dokumentiert, dass die Tiere auch im Rahmen der Nahrungssuche sehr “bedacht” vorgehen und offenbar ökonomische Konzepte entwickeln. Das Team um Joseph Woodgate Queen Mary University of London hat nun einmal detailliert untersucht, wie die Insekten ihre Flugrouten anpassen, um sie möglichst ökonomisch zu gestalten.
Hummeln und das “Problem des Handlungsreisenden”
Die Insekten stehen dabei vor einer Herausforderung, die wir Menschen gut nachvollziehen können. Beispielsweise müssen sich Handlungsreisende oder Boten ebenfalls einem kombinatorischen Optimierungsproblem stellen: Es gilt eine Reihenfolge für den Besuch mehrerer Orte zu entwickeln, bei welcher die gesamte Reisestrecke kurz ist und die letzte Station möglichst nah beim Ausgangspunkt liegt. “Tiere können allerdings nicht einfach eine Karte inspizieren, um herauszufinden, wo sich die besten Nahrungsquellen befinden und dazu planen, wie man am besten zwischen ihnen navigiert”, sagt Woodgate.
Um Einblicke zu bekommen, wie Hummeln diese Aufgabe angehen, haben die Forscher einige Versuchstiere mit einem feinen Radarsystem ins Visier genommen. So konnten sie genau verfolgen, wie sich einzelne Tiere bei der Nahrungssammlung bewegten. Das Testsystem bestand dabei aus fünf von einander entfernt stehenden Futterstationen im Freiland. Jede Station besaß ein Angebot, das einem Fünftel der Ladekapazität einer Hummel entspricht. Mit anderen Worten: Hatte eine Hummel alle fünf Stationen besucht, musste sie zum Stock zurückkehren, um den Nektar abzuladen. Erst anschließend konnte sie erneut zu den Kunstblumen aufbrechen, die sich in der Zwischenzeit wieder mit Nektar aufgefüllt hatten.
Optimierte Routen zeichneten sich ab
Die Auswertung der Flugbewegungen dokumentierten, dass die Hummeln dabei nach und nach ihre Routen veränderten. Zunächst flogen sie nur immer die jeweils nächstgelegene Futterstation an. Doch dann zeichnete sich ab, dass sie Variationen bei ihren Flugwegen einfügten – sie schienen alternative Anflug-Konzepte auszuprobieren. Die Tiere konnten dabei offenbar erkennen, ob eine Routenvariation ökonomisch sinnvoll war. In diesem Fall bauten die Hummeln diese dann fest in ihren Flugplan zum Besuch der fünf Futterstationen und des Nests ein. Erfahrene Hummeln entwickelten somit am Ende bestimmte Flugrouten, die den ökonomischen Aufwand im Vergleich zur Anfangsroute deutlich verbesserten, berichten die Forscher.
Ihnen zufolge handelt es sich bei diesen Fähigkeiten der Hummeln nicht nur aus biologischer Sicht um faszinierende Leistungen: “Zu verstehen, wie Tiere wie Bienen und Hummeln mit ihren kleinen Gehirnen effiziente Lösungen für solche komplexen Herausforderungen finden, hat großes Potenzial für die Entwicklung künstlicher Intelligenz und in der Robotik”, sagt Co-Autor James Makinson. Bevor allerdings technische Systeme das Leistungsniveau ihrer natürlichen Vorbilder erreichen, ist noch viel Entwicklungsarbeit nötig und vor allem weitere analytische Blicke auf Hummel und Co. Diesem spannenden Forschungsgebiet werden sich die britischen Forscher nun auch weiter widmen.