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Video der Woche: Umstrittene Cyborg-Schabe

Technik|Digitales Videos

Video der Woche: Umstrittene Cyborg-Schabe
Auf der TEDx-Konferenz im US-amerikanischen Detroit war sie in der letzten Woche einer der Stars: Eine etwa fünf Zentimeter kleine Argentinische Schabe mit einem seltsam aussehenden Mini-Rucksack auf dem Rücken. Das Insekt schien sich auf den ersten Blick normal zu verhalten, es krabbelte durch die Gegend, bog mal nach rechts, mal nach links ab. Doch wohin das Tier sich wendete, bestimmte es nicht selbst. Stattdessen wurde es ferngesteuert – über die auf seinem Rücken eingepflanzte Elektronik. Das Ganze ist kein einmaliges Experiment, sondern soll als Do-it-yourself-Bausatz – mitsamt lebender Schabe – verkauft werden. Das sorgt für heftige Diskussionen.

Eigentlich wollten die Erfinder der Cyborg-Schabe nur ein Experiment entwickeln, das Schülern und Studenten neurobiologische Grundlagen näher bringt. Greg Gage und Tim Marzullo sind beide Neurowissenschaftler und Ingenieure, die sich mit einer Firma für Lernmaterialien rund um das Gehirn selbstständig gemacht haben. Ihr Ziel: Erschwingliche Experimentiersets für Schüler aller Altersstufen zu produzieren, die ihnen helfen, die Funktion von Nerven und die dahinterstehende Elektrophysiologie zu begreifen. Die meisten dieser Sets sind erst in Planung, zwei davon aber gibt es bereits. Mit ihnen kann man beispielsweise die elektrischen Signale seiner eigenen Muskeln verfolgen oder die Aktionspotenziale des Beinnervs einer Schabe ableiten – Versuche, wie sie in ähnlicher Form auch in Schule und Universität gemacht werden.

Ferngesteuert per Smartphone

Die Cyborg-Schabe aber hebt das Ganze auf ein neues Niveau – sowohl technisch als auch ethisch. Laut Anleitung muss für dieses Do-It-Yourself- Experiment zunächst die  Schabe in Eiswasser betäubt werden. Dann wird die Elektronik angebracht. Dazu wird eine Leitung in den Thorax des Insekts eingeführt und zwei dünne Silberelektroden in die Antennen. Der Sinn dahinter: Über eine Bluetooth-Verbindung lässt sich nun mittels Smartphone steuern, welche elektrischen Impulse die Antennen der Schabe erhalten – und diese wiederum bringen das Tier dazu, entweder in die eine oder die andere Richtung zu laufen. Im Prinzip lässt sich so die Schabe fernsteuern – durch einen Wisch auf den Touchscreen des Handys.

Gage und Marzullo sehen in diesem Experiment eine gute Möglichkeit, Schülern konkret die Funktionsweise von Nerven zu vermitteln – und auch zu zeigen, wie eng sich Technik und Biologie überlappen können. Andere dagegen kritisieren, dass die Tiere dabei verletzt und manipuliert werden. Und dass Schüler durch den Kauf dieses Experimentiersets dazu angeregt werden, Versuche mit lebenden Tieren durchzuführen. Die Erfinder der Cyborg-Schabe geben diese Gefahr durchaus zu, argumentieren aber ihrerseits, dass gerade dieses Experiment die Jugendlichen dafür sensibilisieren kann, dass selbst Schaben auf der Ebene ihrer Nerven ähnlich funktionieren wie wir.

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Was aber wird aus den Schaben, ist das Experiment einmal abgeschlossen? Es ist durchaus wahrscheinlich, dass die Schüler ihr Versuchstier als Wegwerf-Objekt betrachten und nach Versuchsende einfach entsorgen. Da hilft es auch wenig, wenn Gage und Marzullo betonen, dass ihre eigenen Schaben nach Experimentende aufs Altenteil kommen: in ein eigenes Terrarium mit allen Annehmlichkeiten. Zwar haben die Insekten dann verstümmelte  Antennen oder fehlende Gliedmaßen, aber sie führten ansonsten ein völlig normales Leben, so die Forscher: „Sie tun, was sie halt so tun: Babys machen, essen und koten.“ Ungeachtet der Kritik steht der Zeitplan für den Vertrieb der Cyborg-Schaben-Sets fest: Ab November 2013, so der Plan, sollen sie für 99 US-Dollar pro Set zu kaufen sein.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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