Welche Vorteile eine flexible Wirbelsäule und mit Sensoren ausgestattete Füße bieten, sehen CeBIT-Besucher auf den ersten Blick. Auf der schaukelnden Wippe, beim Gang auf vier Beinen und beim Aufrichten wird deutlich: Die Forscher vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und der Universität Bremen haben erfolgreich biologisch inspirierte Bewegungsmuster in Robotik-Know-how umgesetzt. Mensch und Schimpanse dienten dabei als Vorbild. So lässt sich neben der vierbeinigen Fortbewegung ein Aspekt für die Robotik nutzen, der unsere Spezies so erfolgreich gemacht hat: die freien Hände.
Viele Bewegungen von Robotern wirken trotz einer guten Einzelgelenkregelung schwerfällig und hölzern. Häufig liegt dies an einer starren Konstruktion, die mittig im Roboter angebracht ist und als Korpus dient, erklären die Wissenschaftler. Abgehend davon sind in den Gliedmaßen die jeweiligen Antriebseinheiten aufgehängt. „Das vereinfacht zwar den Aufbau und reduziert die Komplexität des Roboters, aber es beschränkt die Bewegungsfreiheit und verringert die Möglichkeiten, den Kraftfluss im Roboter gezielt von den Hinterbeinen in eine Vorwärtsbewegung umzusetzen“, erklärt Projektleiter Daniel Kühn vom DFKI. Eine flexible Wirbelsäule und Füße mit sich an die Bodenstruktur anpassender Sohle können die Mobilität des Roboters im Vergleich zu klassischen Systemen enorm verbessern, so die Forscher.
Das Geheimnis geschmeidiger Bewegungen
„Die flexible iStruct-Wirbelsäule erlaubt Bewegung in sechs Raumrichtungen“, sagt Kühn. Die speziellen Gliedmaßen und Füße des Roboters runden die geschmeidige Bewegungsfähigkeit von Charlie ab: Fühlende Fußsohlen und ein Unterschenkel mit aktivem Sprunggelenk sind das Geheimnis seiner Mobilität. Diese Subsysteme sorgen für eine effektive Fortbewegung des Roboters, da sie für eine gute Bodenhaftung und einen robusten Stand sorgen. Bei einer vierbeinigen Pose entsteht dadurch Stabilität, die eine Erkundung von unebenem Gelände ermöglicht. Darüber hinaus können die Gliedmaßen für tastende und greifende Aufgaben verwendet werden. In der zweibeinigen Pose sind erweiterte Einsatzmöglichkeiten denkbar, wie beispielsweise die Nutzung der vorderen Extremitäten für zusätzliche Tätigkeiten.
Roboter wie Charlie könnten sogar Informationen für die Evolutionsbiologie liefern, sagen die Wissenschaftler: Dienen bestimmte Bewegungssequenzen aus der vierbeinigen Fortbewegung auch dem zweibeinigen Laufen in direkter oder abgewandelter Form? „Antworten darauf könnten Hinweise auf Prozesse geben, die in der Evolution des zweibeinigen Laufens stattgefunden haben“, sagt Frank Kirchner, Direktor des Robotics Innovation Centers am DFKI und Leiter der Arbeitsgruppe Robotik der Universität Bremen.