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Sonnentau: keine rote Verlockung

Erde|Umwelt

Sonnentau: keine rote Verlockung
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Rundblättriger Sonnentau (Jonathan Millett)
Für Charles Darwin war der Sonnentau die „wundervollste Pflanze der Welt“. Tatsächlich hütet die fleischfressende Schönheit bis heute einige Geheimnisse – und ihre Tricks sind keineswegs so offensichtlich, wie man glauben könnte. Denn bisher dachte man, dass die Insekten vor allem vom auffallenden Rot ihrer Fangblätter in die tödliche Falle gelockt werden. Doch das ist ein Trugschluss, wie ein Experiment britischer Forscher jetzt zeigt. Die Farbe Rot schreckt die Beute des Sonnentaus sogar eher ab. Stattdessen verbirgt sich das eigentliche Locksignal wahrscheinlich dahinter.

Fleischfressende Pflanzen leben zweigleisig: Um das karge Nährstoffangebot im Boden aufzubessern, fangen sie sich ein Zubrot in Form von Insekten. Im Laufe der Evolution haben sie daher raffinierte Tricks entwickelt, um diese Beute zu fangen. Einige verströmen unwiderstehlichen Duft, andere locken mit reichhaltigem Nektar oder nutzen optische Signale. Einer der bekanntesten Vertreter dieser illustren Fleischfresser ist der Rundblättrige Sonnentau (Drosera rotundifolia). Diese in Mooren vorkommende Pflanze trägt auf ihren Blättern klebrige Tentakel, die sich bei Kontakt mit einem Insekt langsam einklappen und die Beute so festhalten und nach und verdauen. Auffallend dabei: Die Blattränder und Tentakel sind bei den meisten Sonnentau-Pflanzen stark rot gefärbt. „Man dachte bisher, dass diese Farbe dazu dient, die Beute in die tödliche Falle zu locken“, erklären Jonathan Millett von der Loughborough University und seine Kollegen. Diese Hypothese habe sie nun im Freiland-Experiment überprüft.

Ihre Tests führten die Forscher in einem Moorgebiet durch, in dem auch natürlicherweise Sonnentau wächst. Zunächst stellten sie dabei Sonnentau-Attrappen mit roten, grünen und durchsichtigen Blatträndern und Tentakeln auf. Statt der klebrigen Sekrete besaßen diese einen speziellen Klebestreifen. An einer anderen Stelle platzierten die Wissenschaftler die gleichen Attrappen, versahen sie aber diesmal mit einem gleichfarbigen oder kontrastierenden Hintergrund. Nach sieben Tagen wurden die Fallen eingesammelt und die Zahl der „auf den Leim“ gegangenen Insekten ermittelt. Außerdem untersuchten die Forscher bei 60 dort im Moor wachsenden Sonnentaupflanzen, wie viele Insekten sie gefangen hatten und wie groß, zahlreich und rot ihre Blätter waren.

Rot verliert

Das Ergebnis war auf den ersten Blick überraschend: Statt anziehend zu wirken, schien das Rot der Attrappenfallen die Insekten sogar eher abzuschrecken, wie die Forscher berichten. Die grünen und durchsichtigen Sonnentau-Imitate fingen signifikant mehr Beute. Folgerichtig hatten die roten Fallen auf rotem Hintergrund ebenfalls die schlechtesten Ergebnisse. „Das spricht nicht dafür, dass Rot hier als Lockmittel für Beute fungiert“, konstatieren Millett und seine Kollegen. Das sei aber bei näherem Hinsehen gar nicht so erstaunlich. Denn die Insekten, die mit Abstand am häufigsten vom Sonnentau gefangen werden, sind Fliegen und Mücken. Und von diesen ist bekannt, dass sie in ihren Augen gar keine Rot-Rezeptoren besitzen. „Daher würde es keinen ökologischen Sinn machen, wenn man versucht, diese Beute mit roten Fallen zu fangen“, so die Forscher.

Allerdings: Irgendetwas müssen die rotblättrigen Sonnentaue dennoch haben, das die Zweiflügler geradezu magisch anzieht. Denn wie die Forscher feststellten, fingen die echten Sonnentaue immer dann am meisten Insekten, wenn sie relativ rote und gleichzeitig auch besonders viele Blätter besaßen. Millet und seine Kollegen vermuten, dass die rote Farbe dabei aber nur ein Nebeneffekt ist: Wahrscheinlich erzeugen die Pflanzen neben dem Rot auch ein Pigment, das im UV-Licht auffällig leuchtet. Da Fliegen und Mücken dies gut sehen können, könnte dies das eigentliche Locksignal sein. Das wollen sie nun in weiteren Versuchen testen.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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