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„Killerschwämme“ als Krebsfänger

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„Killerschwämme“ als Krebsfänger
Mit einem harmlosen Badeschwamm haben sie wenig Ähnlichkeit: Im Pazifik haben Meeresbiologen vier neue Arten von „Killerschwämmen“ entdeckt – Schwämmen, die räuberisch leben und kleine Tiere fressen. Die fädigen Gebilde sind dafür über und über mit Bündeln mikroskopisch kleiner Haken besetzt, an denen sich die Kleinkrebse verfangen. Diese für Schwämme ungewöhnliche Ernährungsweise hilft ihnen, in der ansonsten eher nährstoffarmen Tiefsee zu überleben, wie die Forscher berichten. Die Entdeckung dieser vier Arten zeige zudem, dass diese „Killerschwämme“ weiter verbreitet sind als bisher gedacht.

Schwämme gelten gemeinhin als ziemlich primitive, fast schon langweilige Tiere: Ihre von Hohlräumen durchsetzten Körper sitzen am Meeresgrund und bilden dort mal klassisch schwammförmige, mal eher toupetartige Gebilde. Zwar sind die Zellen in ihrem Inneren grob auf verschiedenen Aufgaben spezialisiert, Muskeln, Nerven oder Sinneszellen sucht man aber vergebens. Stabilität gibt ihnen ein Gerüst aus Kalk oder Kieselsäure – das, was wir dann als Badeschwamm nutzen. Lange Zeit galt auch die Ernährung der Schwämme her als unspektakulär: Die meisten von ihnen filtern organische Partikel und Mikroorganismen aus dem Wasser. Dafür nutzen sie sogenannte Choanozellen, Zellen mit Geißelanhängen, die ständig Wasser mitsamt dieser Nahrung in das Schwamminnere strudeln.

Aber es geht auch anders, wie Meeresbiologen vor rund 20 Jahren entdeckten: Unter den vermeintlich so harmlosen Schwämmen verbergen sich auch einige wenige Fleischfresser: Sie lauern auf größere Beute wie kleine Krebse und Zooplankton. Sie fangen sie ein und ziehen sie dann langsam aber unerbittlich in ihr Inneres, um sie dort zu verdauen. Von diesen „Killerschwämmen“ waren bisher nur sieben Arten bekannt, alle aus dem Nordost-Pazifik. Sie galten daher als absolute Ausnahme-Erscheinung. Jetzt haben Meeresbiologen um Lonny Lundsten vom Monterey Bay Aquarium Institute gleich vier neue Arten solcher fleischfressenden Schwämme entdeckt – verteilt entlang der Pazifikküste von Kalifornien bis hinauf nach Vancouver.

Enterhaken im Miniaturformat

Allen neuen Arten ist eines gemeinsam: Sie leben nicht im flachen Küstenbereich, wie die meisten ihrer Verwandten, sondern in der Tiefsee. Dort, wo nur noch wenig Nährstoffe im Wasser zu finden sind. „Nahrung ist in der Tiefsee nicht leicht zu bekommen“, sagt Lundsten. „Deshalb fangen diese Schwämme größere Organismen wie Krebse, die eine höhere Nährstoffdichte haben.“ Für den Fang haben diese Schwämme eine Art Enterhaken in Miniaturform ausgebildet, wie die Forscher erklären. Diese bilden haarähnliche Bündel, die die verzweigten Körper der Schwämme über und über bedecken. Gerät beispielsweise ein Flohkrebs in Kontakt mit diesen Haken, bleibt er hängen und kann sich nicht mehr befreien. Im Laufe von mehreren Stunden beginnt der Schwamm nun, das gefangene Tier zu umschließen und nach und nach zu verdauen. Nach einigen Tagen bleibt nur noch der leere Panzer übrig.

Tatsächlich fanden die Meeresbiologen an drei der vier neu entdeckten Schwammarten „Krebstiere in verschiedensten Stadien der Zersetzung“, wie Lundsten berichtet. Zwei der neuen Arten, Cladorhiza caillieti und Cladorhiza evae, wurden in der Nähe von hydrothermalen Schloten entdeckt. Diese unterseeischen Geysire stoßen nährstoffreiches, warmes Wasser aus, das zahlreiche Bakterien, Muscheln und Krebstiere aus der ansonsten eher kargen Tiefsee-Umgebung anzieht. Für die fleischfressenden Schwämme bedeutet dies einen reich gedeckten Tisch. Eine weitere Art, Asbestopluma monticola, fanden die Forscher bei Tauchgängen an einem erloschenen Unterseevulkan. Die vierte neue Art lebt in der Nähe von Methanaustritten weit vor der Küste von Südkalifornien. Auch dort haben sich im Laufe der Zeit Oasen des Lebens gebildet. Lundsten und seine Kollegen sind sich allerdings sicher, dass in den Tiefen der Meere noch weit mehr, bisher unbekannte fleischfressende Schwämme zu finden sind.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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