Was passiert, wenn man Wasser auf eine heiße Oberfläche tropfen lässt? Wie so häufig in der Natur lautet die Antwort: „Das kommt darauf an“ – und zwar auf die Temperatur der Fläche. Liegt diese unter dem Siedepunkt von Wasser, benetzt der Tropfen die Fläche und erwärmt sich. Erhöht man die Temperatur bis zum Siedepunkt, köchelt das Wasser vor sich hin, bis es komplett verdampft ist. Das geht umso schneller, je heißer die Oberfläche ist. Doch erhöht man die Temperatur der Oberfläche immer weiter, zeigen die Tröpfchen ab ungefähr 180°C plötzlich ein ungewöhnliches Verhalten: Sie bleiben kompakt und flitzen blitzschnell über die Oberfläche. Beim Kochen lässt sich der sogenannte Leidenfrost-Effekt häufig beobachten, wenn Wasser auf die heiße Herdplatte spritzt.
Isolierendes Gaspolster
Der Grund für den Tröpfchentanz liegt in der unterschiedlichen Wärmeleitfähigkeit von Flüssigkeiten und Gasen. Die hohe Temperatur bringt die unterste Schicht des Wassertropfens extrem schnell zum Verdampfen. Dadurch entsteht ein Polster aus Wasserdampf, der das Tröpfchen gegen die heiße Oberfläche isoliert. Die Wärme wird durch diese Polster-Schicht nur sehr langsam geleitet, sodass es viel länger dauert, bis das Wasser komplett verdampft. Auf dem Gaspolster kann das Tröpfchen noch eine Zeit lang über die Oberfläche surfen.
„Unter dem Tröpfchen fließt ständig Dampf ab, auf dem das Tröpfchen reitet, vergleichbar mit einem Ballon, der in einem Fluss schwimmt und von der Strömung getragen wird.“, so Kei Takashina von der University of Bath. Er hat mit seinen Studenten das Verhalten der flinken Tröpfchen genauer unter die Lupe genommen. Die Idee dazu bekam er durch eine Publikation, die bereits vor ein paar Jahren erschienen war. Ein Team um den Physiker Heiner Linke beschrieb, wie man die Wassertröpfchen entlang einer Zackenstruktur „bergauf“ klettern lassen kann – der geschickt konstruierte Untergrund lenkt dabei den Fluss des Wasserdampfs in die nötige Richtung. Takashina und seine Studenten entwarfen unterschiedliche stufige Strukturen und untersuchten, wie der Untergrund die Tröpfchenbahnen beeinflusst.
Tröpfchen flitzen im Labyrinth
Takashinas Studenten fanden schließlich eine ausgezeichnete Möglichkeit, die verschiedenen Teststücke zu verwerten: Sie bauten daraus eine Tröpfchen-Rennbahn. Setzt man ein Wassertröpfchen an ihren Start, so flitzt es genauso die Bahn entlang, wie es die Struktur der geheizten Teilstücke vorgibt. Das Video des skurrilen Versuchs machte im Internet unter dem Titel „Leidenfrost Maze“ – also „Leidenfrost Labyrinth“ – die Runde. Der Effekt könnte auch bei der Kühlung von Mikrochips Anwendung finden. Die Tröpfchen-Rennbahn hat aber laut ihren Erfindern einen anderen Zweck: Zu zeigen, wie spannend alltägliche Physik sein kann.