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Das Geheimnis der charismatischen Stimme

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Das Geheimnis der charismatischen Stimme
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Was lässt eine Stimme autoritätsvoll, die andere eher gutmütig klingen? (thinkstock)
Es gibt Menschen, die können einem fast alles verkaufen – nicht durch das, was sie sagen, sondern wie sie es tun. Denn allein ihre Stimme bringt uns schon dazu, ihnen zu vertrauen und sie für kompetent zu halten. Kein Wunder, dass der Erfolg vieler Politiker auch in ihrer Kehle liegt. Was eine charismatische Stimme im Einzelnen ausmacht, hat jetzt ein US-Forscher untersucht. Demnach spielt neben der Grundhöhe der Stimme auch die Vielfalt der feinen Modulationen eine wichtige Rolle. Beides zusammen entscheidet darüber, ob wir jemanden als dominant oder als glaubwürdig und kompetent einschätzen.

Der italienische Politiker Umberto Bossi galt lange Zeit als eher autoritär und dominant – als Vorsitzender der rechtslastigen Regionalpartei Liga Nord und als Minister im Kabinett von Silvio Berlusconi kam dies seinem Image durchaus zugute. Doch 2004 erlitt Bossi einen Hirnschlag und musste einige Jahre pausieren. Erst 2008 trat er wieder an und erhielt erneut einen Ministerposten. Obwohl er die gleichen Inhalte wie vorher vertrat und sich äußerlich wenig verändert hatte, schätzten ihn seine Wähler nun völlig anders ein: Jetzt hielten sie ihn zwar für kompetent, aber gutmütig. Aber warum? Rosario Signorello von der University of California in Los Angeles hatte einen Verdacht: Möglicherweise lag es an der leicht veränderten Stimme des Politikers.

Die Tonmodulation macht die Musik

Signorello sammelte daraufhin Sprachaufnahmen von Bossis Reden aus der Zeit vor und nach dem Hirnschlag und verglich deren akustische Parameter. Dabei stieß er tatsächlich auf deutliche Unterschiede: Vorher war Bossis Stimme durch eine tiefe Grundfrequenz und eine eher große Spannbreite von Tonhöhenänderungen gekennzeichnet. Zudem sorgten Turbulenzen im Luftstrom für knarzende und harte Nebengeräusche. Nach der Rekonvaleszenz blieben Grundfrequenz und Nebengeräusche zwar erhalten, die Stimme besaß aber nur noch wenig Tonmodulation, die Sprachmelodie wirkte dadurch eher flach. Könnte dies die Ursache für die veränderte Wirkung des Politikers auf seine Anhänger sein?

Um das herauszufinden, veränderte der Forscher die Stimmproben so, dass deren akustische Parameter unverändert blieben, alle verständlichen Worte aber unkenntlich wurden. Diese Stimmproben spielte Signorello dann Probanden vor, die weder Bossi noch dessen Stimme kannten. Wie sich zeigte, beurteilten sie die ihnen unbekannte Person hinter der Stimme dennoch ähnlich wie die Bossi-Wähler in Italien: Der Besitzer der „Vorher-Stimme“ erschien ihnen als Persönlichkeit mit Autorität, der der Hinterher-Stimme dagegen eher als gutmütig und wenig dominant. „Das zeigt, dass die Tonmodulation eine wichtige Rolle für die Wirkung einer Stimme spielt“, so Signorello.

Tiefe Grundfrequenz wirkt dominanter

Als nächstes testete der Forscher diese Hypothese, indem er auch die Inhalte von Reden anderer italienischer, französischer und brasilianischer Politiker unkenntlich machte und die Stimmproben dann Probanden der verschiedenen Nationalitäten vorspielte. Dabei zeigte sich eine zweite Komponente, die die Wirkung einer Stimme beeinflusst: die Grundfrequenz. Die Versuchsteilnehmer empfanden Männerstimmen mit besonders tiefer Tonlage und einer großen Spannbreite der Modulation als dominant und Respekt einflößend. Stimmen mit höherer Grundfrequenz und einer geringeren Tonspannbreite wirkten dagegen auf sie zwar ehrlich und vertrauenerweckend, aber wenig dominant, wie Signorello berichtet.

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Dies bestätigt, dass die Stimme eine durchaus wichtige Rolle dabei spielt, wie wir einen Menschen einschätzen. Ob wir allerdings bei Politikern eher tiefe, dominante Stimmen oder höhere, vertrauenswürdig wirkende Stimmen bevorzugen, ist von der Kultur abhängig: „Italiener scheinen tiefe Stimmen zu bevorzugen, die Französen dagegen höhere“, erklärt Signorello. „Offenbar wünschen sich die Italiener einen eher dominanten Anführer, die Franzosen legen mehr Wert auf Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit.“

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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