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Musik: Dabei sein ist nicht genug

Geschichte|Archäologie Gesellschaft|Psychologie

Musik: Dabei sein ist nicht genug
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Nur wenn die Kinder selbst ein Instrument spielen und sich aktiv am Unterricht beteiligen, profitiert auch ihre geistige Entwicklung (thinkstock)
Wenn Kinder schon früh Musik machen, schult dies nicht nur ihr musikalisches Gehör und die Koordination, auch ihre Sprache und das Lesen verbessern sich. Der Grund: Das Gehirn lernt, Sprachlaute besser zu verarbeiten und zu unterscheiden. Allerdings reicht bloßes Dabeisein im Musikkurs dafür nicht aus, wie jetzt eine Studie belegt. Nur wenn die Kinder selbst ein Instrument spielen und sich aktiv am Unterricht beteiligen, profitiert auch ihre geistige Entwicklung. Dann aber können gerade Kinder aus ärmeren Verhältnissen durch die Musik einige ihrer Nachteile ausgleichen.

Musik hilft gegen Stress, stärkt das Herz, lindert Flugangst und fördert die geistige Entwicklung. Studien zeigen, dass beispielsweise das Erlernen eines Instruments neue Verbindungen im Gehirn sprießen lässt und dadurch Gehör, Koordination und Konzentration fördert. Wie Forscher im letzten Jahr herausfanden, halten vor allem die positiven Wirkungen auf die Sprachverarbeitung sogar jahrzehntelang an: Wer als Kind ein paar Jahre lang ein Instrument spielte, ist auch im Alter fitter, wenn es darum geht, einem schnellen Redefluss zu folgen oder ähnlich klingende Silben auseinander zu halten. Diese Erkenntnisse haben dazu geführt, dass in den USA mittlerweile Programme laufen, in denen gezielt Kinder aus ärmeren Verhältnissen Musikunterricht erhalten. Um herauszufinden, wie viel solche Programme den Kindern tatsächlich bringen, haben Nina Kraus von der Northwestern University in Evanston und ihre Kollegen eines dieser Programme, das Harmony Project in Los Angeles, in den letzten Jahren wissenschaftlich begleitet.

Für ihre Studie untersuchten sie Kinder aus einem armen, durch Gangs und Kriminalität gekennzeichneten Viertel in Los Angeles, die am Harmony Project teilnahmen. In diesem erhalten Kinder im Grund- und Mittelschulalter kostenlos Musikunterricht. Welchen Effekt diese musikalische Förderung hatte, ermittelten die Forscher nicht nur anhand der schulischen Karriere der Kinder, sondern auch ganz direkt: durch Ableitungen ihrer Hirnströme. Im Laufe von zwei Jahren setzen die Forscher Kindern während des Unterrichts regelmäßig Kappen mit Messelektroden auf und untersuchten so die Reaktionen verschiedener Hirnareale auf die Musik und auf sprachliche Aufgaben.

Es braucht Zeit und Engagement

Das Ergebnis: Ein gezielter Musikunterricht wie in diesem Programm kann die Sprachverarbeitung im Gehirn der Kinder tatsächlich enorm verbessern, wie die Auswertungen zeigten. Den Kindern fiel es dank ihres musikalisch geschulten Gehirns nun unter anderem leichter, ähnlich klingende Silben zu unterscheiden. Gerade in diesem Bereich weisen Kinder aus ungünstigen Verhältnissen oft Defizite auf, weil sie in ihrer frühen Kindheit weniger komplexe Sätze, Konzepte und Worte hören. Diese Defizite lassen sich durch Musikunterricht besonders gut ausgleichen, wie die Forscher berichten. Allerdings geht das nicht auf die Schnelle: Erst nach zwei Jahren zeigten sich eindeutig positive Veränderungen. „Musik ist demnach keine schnelle Lösung“, betont Kraus.

Die Studie zeigte aber noch etwas: Entscheidend für den positiven Effekt der Musik ist auch das Engagement der Schüler und ihre aktive Beteiligung. Schüler die den Musikunterricht eher passiv über sich ergehen ließen, zeigten nach zwei Jahren kaum Fortschritte. Bei Kindern, die sehr aktiv waren und selbst ein Instrument lernten, verbesserten sich die geistigen Leistungen im Sprachbereich dagegen deutlich, wie die Forscher berichten. „Selbst in einer Gruppe von sehr motivierten Schülern bewirkten schon kleine Unterschiede im Engagement und der Mitarbeit, wie stark sich das Musiktraining auf das Gehirn auswirkte“, berichtet Kraus. Das zeigt, dass es auch bei der musikalischen Früherziehung oder der Musik-AG auch auf das Wie ankommt. Dabei sein ist in diesem Fall eben nicht alles.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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