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Die Zerstückelung der Wälder

Erde|Umwelt

Die Zerstückelung der Wälder
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Versuchsanlage zur Erforschung des Effekts der Fragmentierung in South Carolina. Credit: Ellen Damschen
In sämtlichen Regionen der Erde dringt der Mensch immer weiter in den Wald vor. Wo er Platz braucht, holzt er Bäume ab. Ehemals große zusammenhängende Waldflächen zerfallen so immer mehr in kleine isolierte Flecken. Diese Fragmentierung trägt entscheidend zum Verlust der Artenvielfalt bei, wie eine Studie nun belegt. Das alarmierende Ergebnis: 70 Prozent des globalen Waldbestandes sind akut von diesem Effekt bedroht.

Wenn der Mensch dem Wald auf die Pelle rückt, dann fängt er zumeist an seinen äußeren Rändern damit an – dort, wo menschliche Zivilisation auf zuvor unberührte Natur trifft. Er rodet Flächen, um Platz für Felder zu schaffen, schlägt Schneisen für Straßen oder holzt Bäume als Rohstofflieferant ab. Deshalb sind insbesondere Waldränder von Zerstörung bedroht, die für das Ökosystem unter anderem den Verlust von Pflanzen und Tieren bedeutet. Eine umfangreiche Studie zeigt nun, dass ein Großteil des globalen Waldbestandes zu dieser Risikogruppe gehört: 70 Prozent aller Waldflächen liegen demnach weniger als einen Kilometer von einem Waldrand entfernt, 20 Prozent sogar weniger als 100 Meter.

Zu diesem Ergebnis kommen Forscher um Nick M. Haddad von der North Carolina State University in Raleigh. Für ihre Untersuchung haben sie die erste hochauflösende Karte analysiert, die die globale Waldbedeckung zeigt. „Unsere Ergebnisse bedeuten, dass es nahezu keinen Wald mehr gibt, den man als echte Wildnis bezeichnen kann“, so Haddad. Der Grund: Durch die zunehmende Nutzung von Waldflächen durch den Menschen ist kaum mehr ein Wald intakt. Stattdessen sind viele ursprünglich riesige Waldflächen inzwischen in viele kleine voneinander isolierte Lebensräume zerfallen. Besonders extrem zeigt sich das zum Beispiel im Atlantischen Regenwald in Brasilien. Dort sind die meisten Waldflecken kleiner als 1000 Hektar und weniger als neun Prozent der Flächen sind mehr als einen Kilometer vom Waldrand entfernt – früher waren es einmal 90 Prozent.

Ökosystem aus dem Gleichgewicht

Experten nennen diesen Prozess Fragmentierung. Was dies für den verbleibenden Wald bedeutet, hat das Wissenschaftlerteam ebenfalls untersucht. Experten sind sich bisher nämlich uneinig darüber, wie viel Schuld die Fragmentierung für den global zu beobachtenden Rückgang der Artenvielfalt spielt. Deshalb haben Haddad und seine Kollegen Ergebnisse aus den weltweit größten Langzeitexperimenten zu diesem Thema zusammengefasst und ausgewertet. Die Studien umfassen einen Zeitraum von 35 Jahren, stammen aus fünf verschiedenen Kontinenten und beschäftigen sich mit verschiedenen Ökosystemen – von Wäldern bis hin zu Savannen.

Fragmentierung spielt diesen Daten zufolge tatsächlich eine Schlüsselrolle für den Verlust von Artenvielfalt. Der Flächenverlust, verbunden mit einer zunehmenden Isolation und größeren Nähe zu bewohntem oder bewirtschaftetem Land hat fatale Folgen: Pflanzen und Tiere verschwinden, es werden weniger Nährstoffe gespeichert, Biomasse geht verloren und die Funktion des Ökosystems gerät aus dem Gleichgewicht. Fragmentierte Lebensräume können dabei zwischen 13 und 75 Prozent ihrer ursprünglichen Biodiversität einbüßen – je kleiner und isolierter die Fragmente, desto größer die Auswirkungen.

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Überfälliger Weckruf

Die Forscher hatten solche negativen Effekte im Vorfeld zwar erwartet. Überrascht hat sie jedoch, dass sich diese Effekte mit der Zeit zu verstärken scheinen. So zeigen einige Ergebnisse einen Rückgang der Artenvielfalt um 50 Prozent oder mehr – in einem Zeitraum von nur 20 Jahren.
Haddads Team sieht seine Studie als einen längst überfälligen Weckruf: „Die Fragmentierung von Lebensräumen hat schädliche Auswirkungen, die über kurz oder lang auch den Menschen betreffen werden.“ Die aktuellen Ergebnisse zeigten, wie sehr wir natürliche Ökosysteme beeinflussen – auch jene, die wir zu schützen glauben. Es müssten deshalb dringend wirkungsvolle Maßnahmen etabliert werden, um diesen traurigen Trend zu stoppen.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Daniela Albat
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