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Ein Mini-Dino mit Flughäuten

Erde|Umwelt

Ein Mini-Dino mit Flughäuten
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So könnte der neuentdeckte Dinosaurier Yi qi ausgesehen haben (Dinostar Co. Ltd)
Als sich die ersten Urvögel anschickten, die Luft zu erobern, verließen sie sich dabei vor allem auf ihre Flügel – ihre mit Schwungfedern besetzten Vorderarme. Doch das war offenbar nicht die einzige Flugtechnik, die die Evolution zu jener Zeit ausprobierte: Ein in China entdecktes Fossil deutet nun darauf hin, dass es vor rund 160 Millionen Jahren auch Dinosaurier gab, die wie Fledermäuse oder Flughörnchen auf Flughäuten durch die Luft flogen. Ob dieses seltsame Experiment der Natur flatterte, segelte oder aber vielleicht gar nicht flugtauglich war, bleibt allerdings unklar.

Als Paläontologen in den 1990er Jahren in China die ersten gefiederten Dinosaurierfossilien entdeckten, war dies eine Sensation. Denn die Relikte belegten endgültig, dass es in der Evolution eine allmähliche Entwicklung von zweibeinig laufenden Dinosauriern hin zu den ersten Vögeln gegeben haben muss. Seither wurden in China unzählige weitere Varianten von mehr oder weniger vogelähnlichen Dinosauriern entdeckt – ein so große Vielfalt, dass ihre Einordnung in den Stammbaum teilweise bis heute umstritten ist. Klar schien aber, dass die Natur bei allen diesen Vogelvorläufern immer einem Prinzip treu blieb: Als tragendes Körperteil dienten Flügel mit Federn. Auf den ersten Blick schien auch das Fossil in diese Reihe zu passen, das Xing Xu von der Linyi Universität und der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und seine Kollegen entdeckt haben. Das ursprünglich von einem örtlichen Bauern gefundene Relikt stammt aus der Provinz Hebei im Nordosten Chinas und ist rund 160 Millionen Jahre alt.

Rätselhafter Knochenstab

Wie nähere Untersuchungen des Fossils enthüllten, gehört es zu den Scansoriopterygiden, einer Gruppe von kleinen, zweibeinig laufenden Raubsauriern, von denen bisher nur wenige Exemplare bekannt waren. Wie für diese mit den Urvögeln verwandten Dinosaurier erwartet, ließ auch das neue Fossil Federreste am Körper und an den Gliedmaßen erkennen. Allerdings ähnelten letztere eher Pinseln als flugfähigen Schwungfedern, wie die Forscher berichten: Drei Viertel bilden eine undifferenzierte Schaftstruktur, der äußere Teil besteht aus viele parallel angeordneten Fäden. Im Bereich der armähnlichen Vorderbeine waren zudem Überreste eines flächigen Hautgewebes zu erkennen, dessen Struktur sich deutlich von der der Federn unterschied. „Dieses membranartige Gewebe ähnelt keiner anderen Struktur die bisher bei Theropoden aus dem Mesozoikum dokumentiert wurde“, schreiben Xu und seine Kollegen.

Noch ungewöhnlicher aber war eine Struktur, die die Forscher am Arm des Fossils entdeckten: Knapp hinter den drei Fingern ragte ein langer, dünner Stab fast im rechten Winkel zu Arm und Hand aus dem Handgelenk. „Zuerst wussten wir nicht, was diese stabartigen Knochen sein sollten“, berichtet Koautor Corwin Sullivan von der chinesischen Akademie der Wissenschaften. Doch als der Paläontologe für ein ganz anderes Projekt die wissenschaftliche Literatur zu fliegenden und gleitenden Wirbeltieren durchwühlte, stieß er auf einen interessanten Hinweis. Dort hieß es, dass Flughörnchen einen Knorpelstab an ihrem Handgelenk oder Ellbogen tragen, der ihre Flughäute stabilisiert. „Ich dachte sofort: Moment, das kommt dir doch bekannt vor“, so Sullivan. Ausgehend von diesen Ähnlichkeiten vermuten die Paläontologen, dass auch ihr fossiler Dinosaurier statt der von Federn gebildeten Flügel eine Art Gleithaut gehabt haben könnte.

Sackgasse der Evolution?

Wegen seiner ungewöhnlichen Flügel tauften die Forscher ihren Fund „Yi qi“ – fremdartiger Flügel. „Wir fanden diesen Namen passend, weil kein anderer Vogel oder Dinosaurier einen Flügel dieser Art besitzt“, sagt Xu. Wie der kleine Raubsaurier diese seltsamen Gleithäute einsetzte – und ob er damit richtig fliegen konnte, ist bisher allerdings unbekannt. „Wir wissen nicht, ob Yi qi flatterte, segelte oder beides“, sagt Xu. Oder vielleicht auch keines von beiden. Denn der seltsame Dinosaurier besaß zwar eine Flughaut, der Rest seines Körpers zeigt aber wenig Hinweise darauf, dass er diese auch zum Fliegen nutzte, wie der Paläontologe Kevin Padian von der University of California in Berkeley in einem begleitenden Kommentar anmerkt. „Das stellt uns vor ein ziemliches Dilemma. Aber im Moment gibt es keine andere plausible Erklärung dafür, warum dieses Tier eine solche Struktur besaß.“

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Nach Ansicht der Forscher aber belegt Yi qi zumindest eines: Zur Zeit der ersten Urvögel probierte die Evolution offenbar viele verschiedene „Flugmodelle“ aus –  vom „Doppeldecker“ über klassische Flügel bis hin zu Gleitstrukturen. Im Laufe der Zeit setzte sich dann der klassische Vogelflügel als Erfolgsmodell durch, die anderen wurden zu Sackgassen der Evolution und ihre Träger starben aus. „Yi qi erinnert uns daran, dass die frühe Geschichte des Fliegens voller Innovationen war, von denen aber nicht alle überlebten“, sagt Koautor Xiaoting Zheng von der chinesischen Akademie der Wissenschaften.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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