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Wie der Roboter humpeln lernt

Technik|Digitales Videos

Wie der Roboter humpeln lernt
Tiere oder Menschen passen ihre Bewegungen meist automatisch an Verletzungen oder Behinderungen an: Ein dreibeiniger Hund kann schnell wieder lernen, sogar zu rennen und zu springen. Bei Robotern aber ist dies anders: Werden sie beschädigt, sind sie bisher weitgehend hilflos. Das aber könnte sich nun ändern. Denn Forscher haben eine Technik entwickelt, durch die Roboter fehlende Beine oder andere Schäden selbst zu kompensieren lernen: Fix tüftelt ein Chip Verhaltenskonzepte aus, um Schäden auszugleichen.

Roboter sind heute aus vielen Industriebereichen kaum mehr wegzudenken. Aber auch in der Medizin, bei der Bergung oder Erkundung bringen diese autonomen Helfer große Vorteile. Denn sie können auch in gefährliche oder für Menschen unerreichbare Bereiche vordringen – ob in die Tiefsee, das verstrahlte Innere der Atomruinen von Fukushima oder die instabilen Trümmer eines eingestürzten Gebäudes. „Aber ein großes Manko für ihren Einsatz in komplexeren Umgebungen ist ihre hohe Fragilität“, erklären Antoine Cully von der Sorbonne Universität in Paris und seine Kollegen. Werden herkömmliche Roboter im Einsatz beschädigt und ihre einprogrammierten Bewegungsabläufe sind dadurch nicht mehr möglich, bedeutet das ihr Ende: Sie sind bisher kaum dazu in der Lage, selbst neue Bewegungsabläufe zu lernen. Zwar gibt es einige wenige Modelle, bei denen versucht wurde, eine Art Selbstreparierfunktion einzuprogrammieren. Dies funktioniert aber nur für ganz bestimmte, eng begrenzte und einfache Ausfälle. Zudem dauert es in der Regel mehr als 15 Minuten, bis der Roboter wieder in Gang kommt.

Neue Bewegungen in zwei Minuten

Cully und seine Kollegen haben nun eine Technologie entwickelt, die Robotern fast schon die flexible Anpassungsfähigkeit eines Tieres verleiht. Im Experiment lernte ein sechsbeiniger Roboter beispielsweise schon nach weniger als einer Minute, mit einem fehlenden oder gebrochenen Bein zu laufen. Nach dem Durchprobieren mehrerer Strategien entschied er sich von selbst für den Bewegungsablauf, der ihn trotz Schaden am schnellsten voranbrachte. In einem weiteren Test platzierte ein mehrteiliger Roboterarm Objekte selbst dann noch akkurat, wenn eines oder mehrere seiner Gelenke blockiert waren. Dabei „achtete“ er sogar von selbst darauf, seine Bewegungen trotzdem so sparsam und minimal wie möglich zu halten. „Wie beim sechsbeinigen Roboter lernt der Arm in weit weniger als zwei Minuten  – meist sogar weniger als 30 Sekunden – und mit weniger als zehn Versuchen das kompensatorische Verhalten“, berichten die Forscher.

Der Clou hinter dieser Anpassungsfähigkeit ist ein spezieller Algorithmus, genannt „Intelligent Trial and Error“. Mit seiner Hilfe spielen die Roboter quasi im Kopf verschiedene Bewegungsabläufe durch und ermitteln, welche am besten den Schaden ausgleichen kann, wie die Forscher erklären. Die generell möglichen Bewegungen und die damit erreichbaren Leistungen speichert der Roboter dabei zuvor in Form einer Art Matrix ab. „Wenn eine Bewegung nicht mehr funktioniert, ist der Roboter schlau genug, um auch andere ähnliche Bewegungsabläufe zu verwerfen“, erklärt Cully. Wenn es beispielsweise nicht funktioniert, nur auf den Hinterbeinen zu laufen, probiert er als nächstes, nur die Vorderbeine einzusetzen.

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Anpassungsfähig: Laufroboter und Roboterarm in Aktion (Cully et al., Nature)

Selbst die Forscher waren überrascht, wie schnell die Roboter dank dieser internen Versuch-und-Irrtum-Strategie neue Bewegungsarten lernten. „Es ist faszinierend zu sehen, wie ein verkrüppelter, hilflos umherrudernder Roboter in nur zwei Minuten wieder auf die Beine kommt und davonhinkt“, so Cully. Nach Ansicht der Forscher könnte diese Technologie nicht nur dabei helfen, Roboter bei Schäden flexibler zu machen. Er könnte es ihnen auch erleichtern, sich von selbst an neue Umgebungen und ungewohnte Bewegungsabläufe anzupassen. Im Experiment optimierte ein intakter sechsbeiniger Roboter durch dieses Programm seine Lauftechnik selbstständig soweit, dass er hinterher um 30 Prozent schneller war als zu Beginn des Versuchs.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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